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„Das ist ein historischer Tag“, entfuhr es Wiltrud Stanszus im Namen des Sonderausschusses im Orgelförderverein ein Stück spontan und auch die beiden Pastoren Markus Löwe und Lars Löwensen sahen den 11. November als bedeutendes Datum  für die Kirchengemeinde Wildeshausen an. Während die Jecken im Land wegen der Corona-Pandemie darben, haben die Mitglieder der Kirchengemeinde Wildeshausen und des Orgelfördervereins nun den Auftakt des Aufbaus der neuen Orgel in der Alexanderkirche fest vor Augen. Dazu durfte sich am Morgen des „11.11.“ nun auch ein Stück Hochgefühl einstellen.
   
Ein Kleinlastwagen stand vor der Tür der alten Stiftskirche. Von der Ladefläche holte Claudius May-Woehl, Juniorchef der Firma Woehl, die die neue Kirchenorgel entwarf und nun installieren wird, die ersten Bauteile der Windanlage für das neue Orgelinstrument. Mit in die Kreisstadt gereist war Projekt- und Werkstattleiter Simon Buser und der Auszubildende Jonathan Fritz. Es war die erste Lieferung für die neue Kirchenorgel. Damit kann der Einbau der angelieferten Bauteile mit Balg, Windzügen und auch Pfeifen-Fundamenten jetzt direkt starten. Zugleich  füllte sich der Orgelboden unter der Rosette der Alexanderkirche Wildeshausen damit wieder zusehends.
   
Nachdem in der Mitte des Jahres die alte Kleuker-Orgel, die seit 1970 in Dienst war,  abgebaut worden war, einen Standort in Polen gefunden hat und die Rosette wieder frei zu erblicken ist, wird hier nun der Orgelneubau die nächsten Monate mit Arbeit füllen.
   
Schon in Kürze werden zwölf fünf Meter große Orgelpfeifen angeliefert und eingebaut. „Das ist so eigentlich nicht üblich, aber wegen der begrenzten räumlichen Möglichkeiten werden wir die größten Pfeifen schon früher installieren als gewöhnlich“, sagte Claudius May-Woehl. So ganz nebenbei war etwas über die Windladetechnik zu erfahren, die jetzt angeliefert worden ist und installiert wird. So würde nicht nur das Luftvolumen, sondern auch verschiedene Winddrücke für andersartige Klänge einer Pfeife sorgen. Fünf Druckarten stehen in dieser Orgelversion zur Verfügung, wenn alles fertig ist. Bis die 20 bis 30000 Einzelteile des Instrumentes verbaut sind, wird es allerdings noch andauern. „Bis alles wirklich fertig ist, kann es dann durchaus Weihnachten 2021 werden“, sagte Claudius May-Woehl.
 
Fertigstellung wohl Weihnachten 2021 
Das Instrument sei schon sehr groß. Es dauere eben seine Zeit, bis alles perfekt aufeinander abgestimmt sei und das Kirchenschiff im optimalen Klang nach höchsten Ansprüchen füllen würde. Ein Moment, der dann auch Kantor Ralf Grössler erfreuen wird.
   
Alleine 16 verschiedene Holzarten verwendet die Orgelbauerfirma Woehl für ein derartiges Instrument. Das reiche von Nadel- über Hartholz bis hin zu Obstbaumholzsorten. „Je nach der Technik werden diese verschiedenen Hölzer benötigt. Das hat auch etwas mit der Luftfeuchtigkeit zu tun, die im Winter in der Kirche eher gering ist, auch mit Luftzirkulation und den Sommermonaten, wenn es schon einmal kühler in der Kirche gegenüber der Außenluft ist und die Luftfeuchte steigen kann.“
   
Schritt für Schritt wird nun nicht nur die Anlieferung der einzelnen Orgelbauteile erfolgen, sondern auch der Aufbau. Es lohnt sich, immer mal wieder den Orgelbauern über die Schulter zu schauen, wenn zunächst die Strukturen des Instrumentes installiert und danach die Pfeifen intoniert werden, um an das Klangbild des Kirchenschiffes anzupassen. Abschließend wird noch einiges an Arbeitszeit für die  Feinabstimmung an der Mechanik, wie zum Beispiel der Tasten-Trimmung, notwendig sein.
 
Finanzierung ist gesichert 
Wie Pastor Loewe auf Nachfrage erklärte, sei die Finanzierung des Instrumentes mit Umbau der Orgelempore zur Freilegung der historischen Rosette im Westwerk gesichert. Geld, das nahezu zur Verfügung steht. Rund 900.000 Euro werden für das Gesamtprojekt veranschlagt. Nicht zuletzt ein Verdienst des Orgelfördervereins, der am 16. März 2015 gegründet worden ist. 58 Mitglieder sorgen im Verein für das Sponsoring. Der Eigentümer der Kirche, der Oberkirchenrat Oldenburg, steuert 68 000 Euro als Zuschuss zur Orgel und noch einmal 50 000 Euro als Baukostenzuschuss bei.
   
Schon am 2. Juni 2008 hatte der Gemeindekirchenrat erstmals einen Beschluss für das genannte Vorhaben gefasst. Am 13. Januar 2014 wurde die Beschlussfassung bestätigt und der Sonderausschuss mit den Mitgliedern Pastor Markus Löwe, Kantor Ralf Grössler, den Gemeindekirchenratsmitgliedern Gerlinde Plate und Ute Schoffers sowie den in den Sonderausschuss berufenen Mitgliedern Ralf Müller und Franz Duin beauftragt. Als Vorsitzende wurden Bürgermeister Jens Kuraschinski und als Zweiter Vorsitzender Frank Ostertag (Volksbankleiter) gefunden.
 
Am Anfang stehen immer Zeichnungen
Das Marburger Orgelbauer-Unternehmen Woehl genießt ein besonderes Renommee. Werkstatt-Chef und Firmen-Gründer Gerald Woehl prägte u. a. den Begriff der „Woehl-Schule“ und wirbt eher minimalistisch für seine Handwerkskunst Orgelbau, die übrigens generell zum immateriallen Weltkulturerbe ernannt worden ist. Am Anfang einer neuen Orgel stehen immer Zeichnungen, dann beginnt der eigentliche Bau. Jeder der zehn Mitarbeiter widmen sich speziellen Aufgaben. Schließlich kommt die Überprüfung des Instrumentes mit der klanglichen Arbeit.
    
Ein Beitrag von Peter Kratzmann

Der Balg für die Windanlage wird auf die Orgelempore gehoben. Auf dem Bild unten Pastor Lars Löwensen, am Balg links Pastor Markus Löwe und Juniorchef Claudius May-Woehl.

Der Balg für die Windanlage wird auf die Orgelempore gehoben. Auf dem Bild unten Pastor Lars Löwensen, am Balg links Pastor Markus Löwe und Juniorchef Claudius May-Woehl, im Hintergrund v.l. Projekt- und Werkstattleiter Simon Buser, Azubi Jonathan Fritz und Kantor Ralf Grössler.

Die Orgelempore, auf der sich zuvor die Kleuker-Orgel seit 1970 befand, wird nun die neue Woehl-Orgel aufnehmen.

Die Unterkonstruktion für die Pfeifen wird vorsichtig gehoben.

Der Juniorchef der Firma Woehl: Claudis May-Woehl. Fotos: ELKiO/ Peter Kratzmann