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Göttingen (epd). Der Begriff «Rasse» sollte nach Ansicht der Direktorin des Göttinger «Centers for Global Migration Studies», Professorin Sabine Hess, konsequent aus dem Grundgesetz gestrichen werden. «Ich schließe mich den Forderungen der Grünen im Bundestag an», sagte sie im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). «Seit mehr als 100 Jahren ist es wissenschaftlich erwiesen, dass es unter den Menschen keine unterschiedlichen Rassen gibt», unterstrich die Expertin des Instituts für Kulturanthropologie und Europäische Ethnologie der Universität Göttingen. Rasse sei vielmehr das zentrale Vokabular des Rassismus. «Es ist der Rassismus der 'Rasse'-Denken hervorbringt und nicht umgekehrt.»
   
Menschen unterschieden sich durch unterschiedliche Biografien, Alter, entlang von sozialen Merkmalen oder geschlechtlichen Identitäten, sagte Hess. Auch kulturelle Verschiedenheiten würden oftmals als Merkmale der Unterscheidung herangezogen. Entscheidend sei die Frage, warum und von wem derartige Merkmale zur Markierung von Unterschieden eingesetzt werden. «Wer den Begriff der Rasse verwendet, verfolgt damit ein politisches oder soziales Ziel mit der Absicht, andere Menschen abzuwerten.» Hess nennt diesen Prozess «Rassifizierung» als elementarer Akt des Rassismus.
    
Wie tief das durch den kolonialen Rassismus geprägte «Schwarz-Weiß-Denken» in der deutschen Gesellschaft verwurzelt sei, zeige sich schon in der Sprache. «Schwarz» sei historisch negativ besetzt, erläuterte Hess. Das «Schwarzsehen» oder der «Schwarzfahrer» seien nur zwei Beispiele.
    
Es sei jedoch zu kurz gedacht, allein die Nationalsozialisten für den Rassegedanken verantwortlich zu machen, mahnte die Professorin. Der Rassegedanke und die damit verbundene Abwertung und Ausbeutung anderer Menschen reiche bis weit in die Anfänge der Kolonialzeit zurück.
    
Heute zeige sich rassistisches Denken und Handeln neben weiterbestehendem Antisemitismus vor allem in einem«anti-muslimischen Rassismus», der Ablehnung von Muslimen und Einwanderern, sagte Hess. So habe die rechtsradikale Terrorgruppe NSU auch gezielt Einwanderer getötet. Auch die Morde in Hanau in diesem Jahr an acht jungen Menschen mit Migrationsgeschichte zeigten deutlich: «Rassismus ist mörderisch!»

 

Internet: www.uni-goettingen.de/de/547763.html