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Oldenburg (epd). Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) hat zu einem Ausgleich der verschiedenen Interessen in der Corona-Krise aufgerufen. Aus medizinischer Sicht seien Ältere besonders gefährdet, umgekehrt trügen die Jüngeren einen großen Teil der wirtschaftlichen und sozialen Folgen, schreibt er in einem Gastbeitrag der Oldenburger «Nordwest-Zeitung» (Dienstag, Online).

 

«Der zu Beginn der Pandemie spürbar gewachsene gesellschaftliche Zusammenhalt wird sich daran beweisen, ob es uns gelingt, hier zu einem vernünftigen und mehrheitlich getragenen Ausgleich der unterschiedlichen und gleichermaßen legitimen Interessen zu kommen», unterstrich Schäuble. Dieser Interessenausgleich sei die neue Normalität, «in der wir selbstverständlich all das tun, was unter Einhaltung der zwingenden Hygiene- und Abstandsregeln möglich ist».

 

Der Bundestagspräsident mahnte weiter zur Vorsicht: «Bevor wir über ein Leben nach Corona nachdenken, müssen wir uns deshalb auf ein Leben mit dem Virus einstellen.» Die Infektionszahlen seien mit Ende der Urlaubszeit wieder gestiegen, und die Ansteckungsgefahr werde mit beginnendem Herbst eher größer. «Die schwierigen Abwägungsprozesse zwischen Lebens- und Gesundheitsschutz einerseits und der Sicherung individueller Freiheitsrechte sowie der Entfaltungsmöglichkeiten von Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur andererseits stellen sich uns deshalb weiter.»

 

Schäuble hob in seinem Beitrag zudem das Demonstrationsrecht und die Meinungsfreiheit hervor. Letztere gelte «auch für Ansichten, die einer Mehrheit grob unsozial, manchmal sogar schlicht abwegig erscheinen». Allerdings gelte angesichts der Berliner Demonstration auch: «Nach den Szenen am Reichstagsgebäude sollte der Letzte verstanden haben, dass es auch Grenzen des Anstands gibt, wie weit man mitträgt, wer mit einem mitläuft.» Die Debatte müsse nun im Parlament geführt werden.

 

Schäuble warnte davor, angesichts der Corona-Pandemie «die noch weit größeren Bedrohungen der Menschheit» aus den Augen zu verlieren: Klimawandel und Umweltzerstörung. «Wir müssen zu einem maßvolleren Leben zurückfinden. Die Welt nach Corona wird letztlich nicht in erster Linie vom Virus bestimmt, sondern von unserer Reaktion darauf, ob wir alte Fehler wiederholen oder ob wir aus Übertreibungen der Globalisierung in der Vergangenheit lernen.» Jetzt sei die Gelegenheit, «als Europäer die Weichen für ein nachhaltiges Wirtschaftsmodell und für einen neuen gesellschaftlichen Zusammenhalt zu stellen».