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Hannover (epd). Mit einem Gottesdienst hat die Bahnhofsmission Hannover am Sonntag ihr 120-jähriges Bestehen gefeiert. Barmherzigkeit gehe jeden an und nehme jeden in die Pflicht, sagte der evangelische Pastor Reinhard Fiola in seiner Predigt in der Apostelkirche. "Ich wünsche mir, dass Bahnhofsmission an einem der brisantesten sozialen Brennpunkte der Stadt ein Ort der Barmherzigkeit ist und bleibt."

Die Bahnhofsmission in Hannover zählt nach den Einrichtungen in Berlin und München zu den ältesten in Deutschland. Seit 1896 ist die ökumenische Einrichtung am Nordwest-Ausgang des Hauptbahnhofes direkt unter Gleis 14 für alle da, die Hilfe brauchen. Die Bahnhofsmission unterstützt Kinder, Senioren und behinderte Menschen dabei, umzusteigen oder den richtigen Zug zu finden. Sie ist aber auch Anlaufstelle für Bedürftige, Wohnungslose, Touristen und Flüchtlinge.  

Die derzeit fünf Hauptamtlichen und rund 25 ehrenamtlichen Mitarbeiter in Hannover führen jedes Jahr mehr als 26.000 Gespräche und Beratungen mit den Besuchern. Nach den Weltkriegen kümmerten sich Mitarbeiter unter anderem um zurückkehrende Soldaten und Vertriebene, in den 1960er Jahren um "Gastarbeiter", die mit Sonderzügen an den Bahnhöfen ankamen. Zuletzt stand die Versorgung von Flüchtlingen im Fokus. 2014 und 2015 kamen je 7.000 Geflüchtete in die Bahnhofsmission. Die Einrichtung wird finanziert von Diakonie und Caritas, der Stadt sowie aus Spenden.



Das Stichwort: Bahnhofsmission

Die Bahnhofsmissionen in Deutschland bestehen seit über 120 Jahren. Mittlerweile gibt es sie bundesweit an mehr als 100 Bahnhöfen, unter anderem in 15 niedersächsischen Stationen sowie Bremen und Bremerhaven. Jahr für Jahr kümmern sich die haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiter in ganz Deutschland nach eigenen Angaben um mehr als zwei Millionen Menschen.

Die erste evangelische Bahnhofsmission gründete 1894 der Berliner Pfarrer Johannes Burckhardt. Er wollte Frauen Schutz bieten, die in die Stadt kamen, um einen Arbeitsplatz in einer Fabrik oder eine Anstellung als Dienstmädchen zu suchen. 1897 eröffnete in München die erste katholisch-evangelische Bahnhofsmission. Bereits einige Jahre später versorgten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch andere Reisende.

Der Erste Weltkrieg veränderte die Aufgaben: Zuerst wurden Arbeitslose betreut, die auf dem Weg zur Front waren, um Schützengräben auszuheben. Nach dem Krieg kümmerte sich die Bahnhofsmission um Flüchtlinge, Vertriebene und zurückkehrende Soldaten. Dabei wurden auch hauptamtliche Kräfte eingesetzt. Als konfessionelle Einrichtung wurde die Bahnhofsmission von den Nationalsozialisten stark behindert und 1939 verboten.

Unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg nahmen einige Bahnhofsmissionen ihre Arbeit wieder auf und betreuten unter anderem die Reisenden von Ost nach West in den "Interzonenzügen". In den 1950er Jahren verbot die DDR die Bahnhofsmissionen unter dem Vorwand der Spionage für den Westen. Seit den 1960er Jahren steht die Hilfe für meist ältere Menschen im Mittelpunkt. Mit "Kids on tour" werden seit 2003 auch Kinder auf der Bahnfahrt begleitet.