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Hannover/Erfurt (epd). Die Diakonie und die Gewerkschaft ver.di wollen trotz Zweifeln des Bundesarbeitsgerichts an den kirchengemäßen Tarifverträgen in Niedersachsen festhalten. Beide Seiten seien sich einig, dass das angewandte System gut funktioniert und erhalten werden muss, sagte die Geschäftsführerin des Diakonischen Dienstgeberverbands Niedersachsen (DDN), Silke Schrader, am Freitag dem Evangelischen Pressedienst (epd). In Niedersachsen werden die insgesamt rund 45.000 Beschäftigten in den 248 diakonischen Einrichtungen nach einem für alle Einrichtungen verbindlichen Tarif bezahlt.

Das Bundesarbeitsgericht in Erfurt hatte am Donnerstag in einem Prozess die Tariffähigkeit des diakonischen Arbeitgeberverbands bezweifelt, konnte aber aus rechtlichen Gründen in diesem Verfahren nicht darüber entscheiden. Die höchsten Arbeitsrichter stellen infrage, ob die verpflichtende Mitgliedschaft von diakonischen Einrichtungen im Arbeitgeberverband rechtmäßig ist. Sollte dies nicht der Fall sein, könnte der seit 2014 geltende Tarifvertrag unwirksam sein.

Diese Aussage verunsichere auch die Arbeitnehmer, sagte der Sprecher der Mitarbeitendenvertretungen, Tobias Warjes. «Das Bundesarbeitsgericht hat eine Frage in den Raum geworfen und beantwortet sie nicht.» Natürlich hätten auch die Beschäftigten ein großes Interesse am Fortbestand der Tarifverträge. In wenigen Tagen sollen wieder die Tarifverhandlungen über Gehaltssteigerungen und Arbeitsbedingungen beginnen. Nun stelle sich die Frage, ob die Arbeitgeberseite überhaupt ein Mandat habe, um zu verhandeln.

Zuständig für eine Klärung über die Tariffähigkeit wäre das Landesarbeitsgericht Niedersachsen, erläuterte DDN-Chefin Schrader. Doch könne das Gericht nicht von sich aus tätig werden. Auch könnten die Tarifparteien in dieser Frage nicht das Gericht anrufen und um eine Entscheidung bitten. Das sei nur anhand eines konkreten Streitfalls möglich.

Der derzeit angewandte Tarifvertrag ist das Ergebnis langer und harter Kämpfe zwischen ver.di und den diakonischen Arbeitgebern um das kirchliche Arbeitsrecht. Das Bundesarbeitsgericht hatte 2012 in einem Grundsatzurteil das traditionelle kirchliche Arbeitsrecht bestätigt, zugleich aber den Gewerkschaften ein stärkeres Mitspracherecht zugestanden. Im März 2014 einigten sich beide Seiten auf den bis heute geltenden Kompromiss. Seither werden die Gehälter nicht mehr in einer mit Arbeitgebern und Mitarbeitervertretern paritätisch besetzen arbeitsrechtlichen Kommission ausgehandelt, sondern allgemeinverbindlich und direkt zwischen der Gewerkschaft und dem Dienstgeberverband.