Göttingen (epd). Das Evangelische Literaturportal mit Sitz in Göttingen hat ein Themenheft zu Literatur aus den Beitrittskandidaten der EU herausgegeben. Es versammelt 38 Rezensionen von ausgewählten Büchern aus den Staaten, die aktuell als Beitrittskandidaten zur EU gelten, teilte das Portal am Donnerstag mit. Das Themenheft wolle dazu beitragen, Brücken zu bauen - zwischen Sprachen, Regionen und Lebenswirklichkeiten. Es lade ein, Europa nicht nur politisch, sondern auch literarisch zu denken: als Raum für Vielfalt, Dialog und geteilte Verantwortung.
Die Auseinandersetzung mit Europa sei heute wichtiger denn je und Literatur könne einen entscheidenden Beitrag zur Verständigung leisten. Sie sei kein Ersatz für politische Analyse, eröffne aber Zugänge, die kein Bericht und keine Statistik bieten könne. Literatur mache gesellschaftliche Entwicklungen, Lebensrealitäten und Konflikte unmittelbar erfahrbar. Gerade im Kontext europäischer Erweiterung, geopolitischer Spannungen und kultureller Selbstvergewisserung schaffe sie einen Raum für Empathie, Reflexion und Dialog.
Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine habe den EU-Erweiterungsprozess tiefgreifend verändert, hieß es weiter. Er habe nicht nur neue sicherheits- und wertepolitische Dringlichkeit geschaffen, sondern auch Länder wie die Ukraine, Georgien und die Republik Moldau dazu bewegt, aktiv den Weg in die EU zu suchen. Gleichzeitig gerieten innerhalb der EU Grundwerte wie Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechte und Gleichheit unter Druck.
Gerade vor diesem Hintergrund werde deutlich, wie wichtig es sei, Europa nicht nur als Wirtschaftsunion, sondern als Wertegemeinschaft zu begreifen. Literatur könne hier einen Beitrag leisten: «Sie erlaubt es, andere Perspektiven zu verstehen, die Komplexität gesellschaftlicher Prozesse zu erfassen und die Stimmen derjenigen hörbar zu machen, die sonst oft übersehen werden.»