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Göttingen/Köln (epd). Der Staatsrechtler Hans Michael Heinig hat das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Kopftuch muslimischer Lehrerinnen als «ambivalente Entscheidung» bezeichnet. Es erlaube Unterschiede zwischen Regionen, Schultypen und einzelnen Schulen, sagte der Professor für Öffentliches Recht und Staatskirchenrecht der Universität Göttingen am Samstag im WDR-Radio. Dies werde zu weiteren gerichtlichen Auseinandersetzungen führen, ob tatsächlich eine Gefährdung des Schulfriedens vorliege.

Das Gericht habe deutlich gemacht, dass die Religionsfreiheit der Schüler, die nun mit dem Kopftuch konfrontiert würden, und die Elternrechte gar nicht berührt würden, sagte Heinig. Dem Urteil zufolge geht es allein um den Schulfrieden als Argument gegen das Kopftuch. «Das könnte auf Dauer dazu führen, dass man geradezu angestachelt wird, als Elternteil mit bestimmten Vorbehalten hier selber Konflikte zu suchen und sich radikaler zu geben als man eigentlich ist.»

Auf der einen Seite könne das Kopftuch muslimischer Lehrerinnen vielleicht als Ausdruck einer offenen Gesellschaft angesehen werden, das die Normalität religiöser und kultureller Vielfalt widerspiegelt, sagte Heinig. Bereits jetzt gebe es auf dem Schulhof Konflikte über die richtige Lebensführung und religiöse Gebote.

Auf der anderen Seite erlebten vor allem Grundschulkinder ihre Lehrer als Vorbilder, sagte der Jurist. Das Bundesverfassungsgericht ziele in seinem Urteil besonders auf Kopftuchträgerinnen ab, die glaubten, dass sie zwingend ein solches Tuch als Ausdruck ihres Glaubens tragen müssen. Es sei schwierig nachzuvollziehen, dass Lehrerinnen mit einem so kritischen Verhältnis zu ihrer eigenen Identität erklärten, für sie sei das Kopftuch zwingend, aber Dritte sollten machen, was sie wollen.

epd