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Die Welthungerhilfe und «terre des Hommes» befürchten gravierende  Auswirkungen der Corona-Krise für arme Länder. Die Zahl der  Hungernden könnte auf eine Milliarde ansteigen. Millionen Kinder  werden nicht geimpft und gehen nicht mehr zur Schule.
 
Berlin/Osnabrück (epd). Hilfswerke warnen vor einer Zunahme des  weltweiten Hungers durch die Coronavirus-Pandemie. In Folge der Krise  könnte die Zahl der Hungernden von 820 Millionen auf eine Milliarde ansteigen, sagte der Generalsekretär der Welthungerhilfe, Mathias  Mogge, am Freitag in Berlin. Die Einkommensmöglichkeiten der Ärmsten gingen sofort verloren, wenn Tagelöhner und Wanderarbeiter durch die Corona-Restriktionen von einem Tag auf den anderen keine Arbeit mehr hätten. «Für sie ist die Gefahr, an Hunger zu sterben, bedrohlicher als das Virus selbst», sagte Mogge. Gemeinsam mit der in Osnabrück ansässigen Kinderhilfsorganisation «terre des Hommes» stellte die Welthungerhilfe den «Kompass 2020» zur «Wirklichkeit der Entwicklungspolitik» vor. Der jährlich erscheinende «Kompass» ist eine Art Schattenbericht zur staatlichen Entwicklungspolitik.
    
Ein Prozent Wirtschaftsrezession führe zu zwei Prozent mehr Hunger, sagte der Welthungerhilfe-Generalsekretär. Die Finanzierung von Hilfen zur Bekämpfung des Hungers und für die ländliche Entwicklung dürfe daher nicht reduziert werden, erklärten beide Organisationen. Ein Sofortprogramm des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) sei wichtig und müsse, wie von Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) in der Vergangenheit gefordert, mit rund drei Milliarden Euro untermauert werden. Dafür müsse das Budget des Ministeriums insgesamt erhöht werden, damit neben den Sofortprogrammen auch die langfristigen  strukturbildenden Maßnahmen weiter finanziert werden könnten, sagte Mogge.
    
Entwicklungsminister Müller erklärte unterdessen am Freitag, auch in der Corona-Krise bleibe das wichtigste Ziel der deutschen Entwicklungszusammenarbeit die Überwindung von Hunger und Armut. «Gerade die schwächsten Menschen brauchen unsere Unterstützung - das sind Kinder und Familien in Krisen- und Flüchtlingsregionen», so Müller.
    
Deutschland habe die Mittel für die am wenigsten entwickelten Länder (LDCs) zwischen 2013 und 2018 von 2,53 Milliarden Euro auf 4,2 Milliarden Euro gesteigert, hieß es vom Ministerium weiter. Mit dem BMZ-Reformkonzept 2030 erhöhe sich der Anteil der LDCs an der Gesamtzahl der Partnerländer.
    
Die Vorstandssprecherin von «terre des Hommes», Birte Kötter, forderte, das Corona-Sofortprogramm gezielt im Bereich der Ernährungssicherung und der Förderung von Grundbildung für Kinder einzusetzen, damit diese nicht dauerhafte Verlierer der Krise blieben. Schon vor der Corona-Krise seien 263 Millionen Kinder weltweit nicht zur Schule gegangen. Derzeit seien es 1,3 Milliarden. «Ihnen fehlen die Schulmahlzeiten. Als Folge wird sich der Hunger unter Kindern ausbreiten», sagte Kötter. In vielen Ländern seien Impf-Kampagnen abgesagt worden, geschätzt rund 78 Millionen Kinder würden deshalb nicht geimpft. 689 Millionen Kinder lebten in Armut, davon 44 Prozent im südlichen Asien und 43 Prozent in Afrika südlich der Sahara.
    
Kötter kritisierte, Stellenwert und Bedeutung der Kinderrechte in der deutschen Entwicklungszusammenarbeit seien unklar. In dem BMZ-Reformplan 2030 würden Kinderrechte kaum erwähnt, und auch aktuell bleibe vage, wieviel Mittel Kindern und Jugendlichen zugutekämen. Bei den bilateralen Mittel würden gerade mal elf Prozent für Bildung eingesetzt, davon nur knapp ein Prozent für Grundbildung.

 

Internet:
Der «Kompass 2020»: http://u.epd.de/1iln  und: www.tdh.de und: www.welthungerhilfe.de