Bücher, Hefte und Taschenrechner für die Schule können sich rasch zu einem hohen Betrag summieren - wesentlich höher als die 100 Euro, die Kinder aus bedürftigen Familien vom Staat dafür erhalten. Das zeigt jetzt eine Studie der evangelischen Kirche.
Hannover/Berlin (epd). Die jährlichen Kosten für Schulbedarf summieren sich in Niedersachsen auf teilweise mehr als 300 Euro in bestimmten Schuljahren. Das geht aus einer sozialwissenschaftlichen Studie hervor, die Vertreter der evangelischen Kirche und ihrer Diakonie am Dienstag in Laatzen bei Hannover vorstellten. Im Durchschnitt reichen die Kosten von 180 Euro pro Schuljahr an Förderschulen bis zu 237 Euro an Gymnasien. Der Mittelwert für alle Schulformen liegt über zehn Jahre bei 214 Euro pro Jahr.
Der Betrag liegt damit mehr als doppelt so hoch wie die 100 Euro, die Kinder und Jugendliche aus ärmeren Familien aus dem Teilhabepaket der Bundesregierung erhalten. «Teilhabegerechtigkeit ist nicht erreicht, sie ist aber das Ziel», sagte Diakonie-Chef Christoph Künkel. Schon in der ersten Klasse seien die Ausgangsbedingungen für Schüler unterschiedlich, und das setze sich fort: «Den Eltern fehlen im Durchschnitt 100 Euro, um ihre Kinder angemessen ausrüsten zu können.» Der staatliche Zuschuss müsse daher verdoppelt werden. Bei dieser Aufgabe müssten Bund und Länder zusammenwirken.
Die Bundestagsfraktion der Grünen nannte die Ergebnisse der Studie erschreckend. «Bildung ist ein Grundrecht», sagte ihr sozialpolitischer Sprecher Wolfgang Strengmann-Kuhn in Berlin. Es könne nicht akzeptiert werden, dass arme Familien sich Bildung nur durch massive materielle Einschnitte an anderer Stelle leisten könnten. «Die Leidtragenden sind die Kinder, denen auf diese Weise die Zukunft verhagelt wird.»
Die evangelische Bildungsexpertin Kerstin Gäfgen-Track aus Hannover betonte, alle Kinder bräuchten die gleichen Chancen für den Start in die Schule. «Bildungsgerechtigkeit darf nicht am Geld scheitern.» Die hannoversche Landeskirche habe deshalb ein Hilfspaket für Kinder aus ärmeren Familien aufgelegt, sagte die Oberlandeskirchenrätin.
Besonders hohe Kosten entstehen der Studie zufolge im Einschulungsjahr mit 307 Euro - dann sind neben einem Ranzen oder einem Tuschkasten auch ein Rucksack oder Turnschuhe fällig. Im Übergang zur fünften Klasse brauchen Schüler eine neue Grundausstattung, hinzu kommen neue Fächer: Das macht im Schnitt 330 Euro.
In den Klassen 7 oder 8 werden ein Taschenrechner, Wörterbücher oder Atlanten verlangt, zudem gibt es oft eine zweite Fremdsprache: Das schlägt mit 240 Euro zu Buche. Niemals liegen die Kosten unter 150 Euro. Hinzu kommen Leihgebühren für Bücher, Computer, Tablets oder Musikinstrumente, die außerhalb der Statistik blieben.
Die Forscher befragten für ihre Studie 321 niedersächsische Schulen. Dabei werteten sie Bedarfslisten aus und recherchierten die Preise in Discountern und Fachgeschäften. Eine Online-Befragung von rund 500 Lehrern gab Auskunft über zusätzliche Kosten. Erarbeitet wurde die Studie vom Sozialwissenschaftlichen Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).