Ellenstedt/Kr. Vechta (epd). Der Menschenrechtler und katholische Priester Peter Kossen hat zusammen mit seinem Bruder Florian erneut die Lebensbedingungen für Arbeiter in der Fleischindustrie angeprangert. Bei einem Hausbesuch in einer Arbeiterunterkunft im Goldenstedter Ortsteil Ellenstedt im Landkreis Vechta habe sich der Arzt Florian Kossen ein Bild von den dortigen Verhältnissen gemacht. «Und es übertraf meine schlimmsten Befürchtungen bei weitem», sagte der Mediziner am Montag. In den viel zu kleinen, schlecht belüfteten Zimmern wüchsen an den Wänden ausgeprägte Schimmelbeläge - direkt neben den als Betten dienenden Pritschen.
«Das erklärt Erfahrungen, die ich in den letzten Jahren mit Patienten gemacht habe, die hier untergebracht sind», sagte Florian Kossen. Etliche seiner Patienten, darunter oft Kinder im Kleinkind- und Säuglingsalter litten an langanhaltenden und gehäuften Infekten der Atemwege. Die Krankheiten seien mit herkömmlichen Therapien nur schwer in den Griff zu bekommen.
Die Brüder Kossen kritisierten scharf Lokalpolitiker, denen zufolge sich die Wohnbedingungen nach einem Besitzerwechsel verbessert hätten. Solche Behauptungen seien «an Ignoranz nicht zu übertreffen», sagte Florian Kossen. Sein Bruder Peter ergänzte: «Hier wohnen Menschen, die tagtäglich bei der Arbeit ihre Gesundheit ruinieren im Dienste der Profitgier der Fleischindustrie.» In ihren Unterkünften sollten sie sich erholen können. «Stattdessen ist durch die Wohnverhältnisse eine weitere Gesundheitsgefährdung sicher.»
Die Arbeitsmigranten führten mit ihren Familien in «Ghettos und Bruchbuden ein Leben am Rande als Bürger zweiter Klasse», sagte Peter Kossen. Die Brüder fordern ein Ende von Arbeitsausbeutung und Abzocke: «Wer die unverzichtbare Arbeitskraft der EU-Bürger nutzt, hat auch eine Verantwortung für ihre Unversehrtheit und Integration. Menschenwürdige Wohnungen zu bezahlbaren Preisen sind das mindeste, was Unternehmen und Gesellschaft diesen Menschen schulden.»