Der Fall des von Polizeikugeln getöteten Lorenz A. sorgte bundesweit für Aufsehen. Im Zentrum steht die Frage nach Rassismus bei der Polizei, weil der Getötete schwarz war. Jetzt haben Hunderte von Menschen «Gerechtigkeit für Lorenz» gefordert.
Oldenburg (epd). Mehrere Hundert Menschen haben am Sonnabend in Oldenburg für eine lückenlose Aufklärung im Fall des durch Polizeischüsse getöteten Lorenz A. demonstriert. Mit Sprechchören und Transparenten protestierten sie nach Angaben der Veranstalter gegen «rassistische und tödliche Polizeigewalt» und zogen durch die Innenstadt bis zum Schlossplatz. Auf Plakaten waren Aufschriften zu lesen wie «Black Lives Matter» oder «Dienstwaffe heißt nicht Freifahrtschein».
Die Polizei sprach von rund 300 Demonstranten. Die Veranstaltung sei ohne besondere Vorkommnisse verlaufen, sagte ein Sprecher am Wochenende dem Evangelischen Pressedienst (epd). Im Zentrum des Falls steht die Frage nach einem möglichen Rassismus bei der Polizei, weil der Getötete schwarz war. Die Initiative «Gerechtigkeit für Lorenz» berichtete, bei der Demonstration sei es zu gezielten Provokationen durch zwei Neonazis gekommen. Teilnehmende seien bedrängt und unter anderem von hinten angegriffen worden.
Der 21-jährige Lorenz A. starb laut Obduktionsergebnis am 20. April durch drei Polizeikugeln, die ihn in den Rücken trafen. Die Staatsanwaltschaft hatte in der vergangenen Woche Anklage gegen den Schützen wegen fahrlässiger Tötung erhoben. Nach ihren Angaben soll der Getötete zuvor Reizgas in Richtung von Polizisten gesprüht haben und dann an ihnen vorbei gelaufen sein. Er habe versucht zu fliehen. Der Fall sorgte bundesweit für Aufsehen.
Ein vorsätzliches Tötungsdelikt könne dem angeschuldigten Polizeibeamten nicht vorgeworfen werden, erläuterte die Staatsanwaltschaft. Der Polizist sei davon ausgegangen, mit einem Messer angegriffen zu werden.
Freunde und die Familie des Getöteten halten die Anklage für zu milde. Aus ihrer Sicht hätte der Polizeibeamte wegen Totschlags angeklagt werden müssen. «Wir sind erleichtert, dass es zu einer Anklage kommt, aber gleichzeitig reicht es nicht aus», sagte ein Freund von Lorenz A., Suraj Mailitafi, auf Instagram. Es könne sich nicht um Fahrlässigkeit handeln, wenn jemand, der fliehen wolle, von hinten getötet werde. Es müsse nun klare Konsequenzen für den Täter geben.
An der Demonstration unter dem Motto «Gerechtigkeit für Lorenz» beteiligten sich zahlreiche junge Menschen. Auf dem Transparent in der ersten Reihe war zu lesen: «So viel Polizeigewalt - so wenig Konsequenzen».