Zum Buß- und Bettag warnt die Philosophin Susanne Boshammer vor leeren Entschuldigungen - und erklärt, warum echte Reue für das Zusammenleben unverzichtbar bleibt.
Osnabrück (epd). Der souveräne Umgang mit eigenen Fehlern ist nach Meinung der Osnabrücker Philosophin Susanne Boshammer eine sehr wichtige Fähigkeit für das Zusammenleben. «Wenn Menschen einander nahekommen, besteht immer die Gefahr, dass sie einander verletzen, und das hat oft belastende Konsequenzen für unsere Beziehungen», sagte die Professorin dem Evangelischen Pressedienst (epd) angesichts des Buß- und Bettags (19. November). Für das menschliche Miteinander sei es daher von großer Bedeutung, sich entschuldigen zu können und eigene Fehler einzugestehen, um aus ihnen zu lernen.
Öffentliche Entschuldigungen, wie etwa die hoher Kirchenvertreter zu Missbrauchsfällen, seien häufig jedoch eher abschreckend, mahnte Boshammer. Hier entstehe oft nicht der Eindruck, dass die Verantwortlichen das Geschehene wirklich tief bereuten und ihr Verhalten reflektierten. «Dann sind Entschuldigungen ein bloßes Lippenbekenntnis und ohne Wert.»
Auch in der Politik werde die Bitte um Entschuldigung häufig gemieden, weil die Übernahme von Verantwortung zu Wiedergutmachungs-Forderungen führen könne. «Sich zu entschuldigen ist nicht leicht, auch weil es bedeutet, sich selbst und dem anderen gegenüber einzugestehen, etwas falsch gemacht zu haben.»
Der richtige Umgang mit Fehlern könne bereits im Kindesalter erlernt werden, betonte Boshammer, die unter anderem ein Buch über das Verzeihen geschrieben hat. «Diese Fähigkeit vermittelt man Kindern nicht, indem man sie im Sandkasten dazu anweist, sich bei Fehlverhalten zu entschuldigen.» Erfolgreicher sei die Wirkung von Vorbildern: «Wenn Erwachsene zugeben, einen Fehler gemacht zu haben, sich dafür entschuldigen und sagen, dass es ihnen wirklich leidtut und sie es in Zukunft besser machen wollen, hinterlässt das nachhaltig Eindruck.»
Vorstellungen von richtig und falsch vermittele das Umfeld, in dem man aufwachse, sagte Boshammer. Die so erlernten Normen seien aber längst nicht immer gültig und müssten im Laufe des Lebens durchaus auch hinterfragt werden. Nichts sei an sich unentschuldbar, betonte Boshammer. Jeder entscheide selbst, ob er eine Entschuldigung akzeptiere. Dabei sei nicht nur die Schwere des Fehlers relevant, sondern auch die Wiederholungsgefahr: «Wenn mich jemand immer wieder belügt und verletzt, geht die Bereitschaft, Entschuldigungen jedes Mal wieder zu akzeptieren, auf Kosten der eigenen Selbstachtung.»