Hannover (epd). Angesichts einer steigenden Zahl antisemitischer Vorfälle in ganz Deutschland hat die Evangelisch-lutherische Landeskirche Hannovers zu einem verstärkten Dialog mit jüdischen Gemeinden aufgerufen. «Als Christinnen und Christen stehen wir in einer besonderen Verbundenheit mit Jüdinnen und Juden», erklärte der Bischofsrat von Deutschlands größter evangelischer Landeskirche am Mittwoch in Hannover.
Anfang des Jahres hatte die Landeskirche das Projekt «In Solidarität mit der jüdischen Gemeinschaft - Gemeinsam gegen Antisemitismus» gestartet. Dabei können Kirchengemeinden vor Ort einen Geldbetrag und ein Signet erhalten, wenn sie mindestens drei Initiativen pro Jahr umsetzen, um die christlich-jüdischen Beziehungen zu stärken und Menschen für die Ursachen von Hass und Gewalt gegen Juden zu sensibilisieren. «Wir laden weitere Kirchengemeinden der Landeskirche ein, sich dieser Initiative anzuschließen», betonte der Bischofsrat.
Kirchengemeinde seien Orte, an denen «verschiedene, manchmal sogar feindselige Haltungen von Einzelnen oder Gruppen ins Gespräch gebracht werden können», hieß es. Nach Angaben der Landeskirche beteiligen sich bislang 20 Gemeinden an der Initiative. Die hannoversche Landeskirche hatte 2013 die besondere Verbindung von Christen und Juden in ihrer Verfassung festgeschrieben, weil Jesus Jude war und das Christentum aus dem Judentum hervorging.
Mit Blick auf den aktuellen Konflikt zwischen Israel und dem Iran erklärte der Bischofsrat: «In großer Sorge schauen wir auf die kriegerischen Auseinandersetzungen im Nahen Osten.» Kritik an der Politik der Länder im Mittleren Osten, auch an der Politik Israels, bleibe legitim und notwendig. «Wir sehen jedoch einen erschreckenden Anstieg antisemitischer Rhetorik. Sie diskriminiert und entwürdigt jüdische Bürgerinnen und Bürger und ebnet den Weg zu gewalttätigen Übergriffen auf die jüdische Gemeinschaft, deren Zahl erschreckend stark ansteigt.»
Die Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus Niedersachsen (Rias) hatte in ihrem am Montag vorgestellten Jahresbericht für 2024 landesweit einen Anstieg antisemitischer Vorfälle um 86 Prozent dokumentiert. Dazu gehörten verbale und körperliche Angriffe, Bedrohungen, Beleidigungen und Sachbeschädigungen sowie einzelne Fälle extremer Gewalt wie ein Brandanschlag auf die Synagoge in Oldenburg.