Die CDU-Politikerin Gitta Connemann hält den Reformationstag am 31. Oktober als Feiertag für überholt, solange er für viele nur als bloße Freizeit genutzt wird. Die Kirchen verweisen auf die wichtige Funktion des Tages für den sozialen Zusammenhalt.
Hannover/Bremen (epd). Evangelische Kirchenvertreter aus Niedersachsen und Bremen widersprechen der Forderung nach einer Abschaffung des Reformationstages als gesetzlichen Feiertag. Niedersachsen habe sich sehr bewusst 2018 für die Einführung des Tages entschieden, betonte der Sprecher der Konföderation evangelischer Kirche in Niedersachsen, Benjamin Simon-Hinkelmann, auf Nachfrage des Evangelischen Pressedienstes (epd). Die CDU-Politikerin Gitta Connemann hatte zuvor den Reformationstag als arbeitsfreien Feiertag infrage gestellt.
Simon-Hinkelmann betonte dagegen, der Reformationstag sei «ein wichtiger Anlass, gemeinsam über die Wurzeln und Werte der freiheitlichen Gesellschaft nachzudenken». Der Tag schaffe ein Forum für den Dialog zwischen und mit den Konfessionen und Religionen.
Für Connemann, Bundesvorsitzende der Mittelstands- und Wirtschaftsunion (MIT), ist der Reformationstag als arbeitsfreier Feiertag nicht mehr zeitgemäß, weil der Tag von vielen Menschen kaum noch aktiv wahrgenommen wird. Sie selbst gehe am Reformationstag, dem 31. Oktober, manchmal in die Kirche und sei dann immer verwundert, «dass die Kirchen leer sind», sagte die evangelische Bundestagsabgeordnete in dem am Mittwoch veröffentlichten Podcast «Table.Briefings» des Portals «Table.Media».
Dem widersprach der Bremer Kirchenpräsident Bernd Kuschnerus. Ein Feiertag sei nichts, was «wir uns gönnen», sondern eine gesellschaftliche Notwendigkeit in einer hochverdichteten Arbeits- und Lebenswelt, sagte der leitende Theologe der Bremischen Evangelischen Kirche. Der Vorschlag Connemanns sei «nicht weiter diskussionswürdig». In Bremen seien die Gottesdienste überdies gut gefüllt. So werde in diesem Jahr am Vorabend des Feiertags zu einer ökumenischen Nacht der Kirchen mit rund 100 Veranstaltungen in der Hansestadt eingeladen. Zudem werde am Reformationstag selbst im St.-Petri-Dom ein zentraler ökumenischer Gottesdienst gefeiert.
Der Sprecher der Evangelisch-lutherischen Landeskirche in Braunschweig, Michael Strauß, erklärte: «Die Reformation und ihre Wirkungen waren ein kulturhistorisches Ereignis in Deutschland und für die ganze Welt, wie das Jubiläum zum 500-jährigen Bestehen noch einmal gezeigt hat.» Ihn an subjektiven Eindrücken festzumachen, ob die evangelischen Kirchen an diesem Tag besonders publikumswirksame Aktionen veranstalten, gehe an diesem Sachverhalt komplett vorbei.
Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) verwies darauf, dass gesamtwirtschaftliche Vorteile durch Feiertagsstreichungen nicht nachweisbar seien. «Deutschland zählt trotz seiner Feiertage zu den leistungsstärksten Volkswirtschaften der Welt. Empirische Belege für eine positive Wirkung der Abschaffung von Feiertagen gibt es nicht», erklärte eine EKD-Sprecherin dem Evangelischen Pressedienst (epd) auf Anfrage.
Der Reformationstag sei weit mehr als ein kirchlicher Feiertag, argumentierte die EKD: «Er erinnert an einen historischen Aufbruch, der unser Land kulturell, geistig und politisch geprägt hat. Der Reformationstag steht für Erneuerung und bleibt genau deshalb auch für Wirtschaft und Gesellschaft in Zeiten der Transformation aktuell. Ruhe und Erholung sind Voraussetzung für unsere Leistungskraft.» Der Reformationstag sei ein Feiertag, dessen Bedeutung weit über den Kirchenbesuch hinausgehe.
Der Reformationstag ist in den östlichen Bundesländern, außer Berlin, gesetzlicher Feiertag. 2018 haben außerdem die norddeutschen Bundesländer Bremen, Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein den 31. Oktober zum Feiertag erklärt. Damit ist an diesem Tag in 9 von 16 Bundesländern arbeitsfrei. Am Reformationstag erinnern Protestanten in aller Welt an die Anfänge der evangelischen Kirche vor rund 500 Jahren.