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Weil ihre Lebensräume immer kleiner werden, sind ein Drittel der Arten von Säugetieren und Heuschrecken in Niedersachsen vom Aussterben bedroht. Das zeigen Rote Listen, die nach 30 Jahren erstmals neu aufgelegt wurden. Naturschützer sind alarmiert.

 

Hannover (epd). Mindestens ein Drittel der in Niedersachsen heimischen Arten von Säugetieren und Heuschrecken sind neuen Roten Listen zufolge gefährdet oder sogar bereits ausgestorben. Dagegen sind ehemals als ausgestorben geltende Arten wie der Luchs, die Kegelrobbe, der Wolf oder der Biber im Bundesland wieder heimisch geworden, wie eine aktuelle Bewertung des Niedersächsischen Landesbetriebes für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz zeigt. Der Landesbetrieb hat nach 30 Jahren seine Roten Listen neu aufgelegt, wie eine Sprecherin am Donnerstag mitteilte. Der Umweltverband BUND zeigte sich angesichts des Artensterbens alarmiert. Die Grünen sprachen von einem Wettlauf gegen die Zeit.

Rote Listen seien ein wichtiges Instrument des Arten- und Naturschutzes, betonte Umweltminister Christian Meyer (Grüne). Neben einigen Gewinnern wie dem Fischotter, der mittlerweile als ungefährdet gilt, gibt es dem Landesbetrieb zufolge auch Verlierer. «Das liegt vor allem daran, dass die Qualität ihrer natürlichen Lebensräume immer weiter sinkt oder diese Lebensräume ganz verschwinden», sagte Meyer.

Für die Roten Listen hat ein Team aus Fachleuten 74 heimische Arten nach bundesweit einheitlichen Kriterien bewertet. 35 Prozent der Säugetier-Arten gelten dabei als bestandsgefährdet oder sind bereits ausgestorben. Weitere zehn Prozent stehen auf der Vorwarnliste. Dort findet sich auch der einst weit verbreitete Igel, der neben dem Straßenverkehr auch verstärkt Rasenmährobotern zum Opfer fällt.

Besonders kritisch ist die Situation bei den Fledermäusen und Kleinsäugern, von denen unter anderem die Fledermausart Graues Langohr sowie der Feldhamster und der Gartenschläfer als vom Aussterben bedroht gelten. Zu den Gründen zählten die intensive Landnutzung, ein großflächiger Einsatz von Pestiziden und damit der Verlust von Lebensraum und Nahrung, hieß es. Eine fortschreitende Urbanisierung und die Auswirkungen des Klimawandels bedrohten die Arten ebenfalls.

14 der 53 heimischen Heuschrecken-Arten und somit etwa ein Viertel der in Niedersachsen und Bremen regelmäßig vorkommenden Arten gelten ebenfalls als bestandsgefährdet. Auch die Heideschrecke ist vom Aussterben bedroht. «Zu den Verlierern der letzten zwei Jahrzehnte zählen vor allem Arten, die kühl-feuchte Standortbedingungen bevorzugen wie etwa die Kurzflügelige Beißschrecke, der Bunte Grashüpfer und der Sumpfgrashüpfer», sagte Felix Helbing, Heuschrecken-Spezialist an der Universität Osnabrück.

Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) mahnte: «Die Ergebnisse zeigen eindrücklich, dass das Artensterben in Niedersachsen nahezu ungebremst voranschreitet - es muss dringend gehandelt werden.» Nötig sei eine konsequente Umsetzung der im Abkommen «Niedersächsischer Weg» vereinbarten Maßnahmen zum Natur- und Artenschutz. Auch eine vom Land bereits 2023 angekündigte Offensive zum Artenschutz müsse mit Leben gefüllt werden.

Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Anne Kura sagte, Monokulturen in der Landwirtschaft müssten aufgebrochen werden. Abwechslungsreiche Landschaften mit Teichen, Magerrasen oder Feuchtgrünland, aber auch Verbindungen wie Hecken und Waldränder sollten dagegen gesichert und gefördert werden.