Hannover (epd). Hamburgs Bildungssenator Ties Rabe (SPD) fordert einen klaren Rechtschreibunterricht in der Grundschule mit «Mut zur Korrektur». Ein Schreiben nach Gehör ohne Korrektur trage dazu bei, dass sich Fehler verfestigten, warnte Rabe in einem Gastbeitrag für die Hannoversche Allgemeine Zeitung (Samstagsausgabe). «Heute haben wir an Schulen ein viel freundlicheres Lernklima und hervorragend ausgebildete, pädagogisch geschulte Grundschullehrer, die mit der Korrektur falsch geschriebener Wörter sicher keine Kinderseele verletzen.»
Umgekehrt würden Kinder schlicht beschummelt, wenn man sie in dem Glauben lasse, alles sei gut, schreibt Rabe. Der Bildungssenator kritisiert insbesondere die Reichen-Methode. Der Reformpädagoge Jürgen Reichen (1939-2009) habe in den 1970er Jahren das «Lesen durch Schreiben» erfunden, nach der die Kinder nach Gehör «drauf los» schreiben sollten. «Korrigiert wird erst mal nicht. Denn - so die Theorie - das frustriert und hemmt die Kreativität.» Doch die vielerorts beliebte Methode sei zumindest anfällig für Fehler und Missverständnisse.
Eltern beschwerten sich zu Recht, wenn Schule die Rechtschreibung auf die leichte Schulter nehme. Studien belegten eine deutliche Verschlechterung. Doch eine gute Rechtschreibung sei unbedingt nötig und garantiere, dass Texte schnell und eindeutig verstanden würden. Dazu komme, wenn zu Hause keiner helfe, verstärke schlechter Rechtschreibunterricht die soziale Ungerechtigkeit.
Rabe plädiert überdies dafür, in der Grundschule Prioritäten zu setzen, weil die Unterrichtszeit begrenzt ist: «20 bis 26 Schulstunden haben Grundschüler pro Woche. Angesichts dieser knappen Zeit wundere ich mich, mit welcher Maßlosigkeit ständig neue Lerninhalte und Schulfächer gefordert werden.» Wer sich über schlechte Rechtschreibung beklage, «der muss auch den Mut aufbringen, gegenüber immer neuen Wünschen nach neuen Lerninhalten und Schulfächern endlich auf die Bremse zu treten».