Hannover (epd). Um Kindern aus armutbetroffenen Familien mehr Chancengleichheit und bessere Bildungszugänge zu ermöglichen, fordert die Landesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege in Niedersachsen (LAG FW) einen flächendeckenden Ausbau der Familienzentren. «Familienzentren schaffen Zugänge, bauen Vertrauen auf und erreichen gerade die Familien, die bisher kaum Kontakt zum Kita-System hatten», sagte die LAG FW-Vorsitzende Kerstin Tack am Freitag in Hannover. Die Einrichtungen böten niedrigschwellige Beratung, Information und Unterstützung - sei es bei Anträgen auf Sozial- und Bildungsleistungen, bei Elternbildungsangeboten oder durch gezielte Vermittlung in eine Kindertagesstätte.
Während einige Bundesländer bereits verbindliche Standards für Ausstattung und Finanzierung von Familienzentren eingeführt hätten, fehle es in Niedersachsen bislang an klaren landesweiten Rahmenbedingungen. «Das Risiko einer Flickenteppich-Struktur ist hoch», warnte Tack, die auch Vorsitzende des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes in Niedersachsen ist. «Ohne einheitliche Vorgaben und gesicherte Finanzierung werden Familien je nach Wohnort sehr ungleich versorgt.»
Noch immer nutzten Kinder aus einkommensarmen Familien seltener frühkindliche Bildungsangebote und besuchten seltener eine Kindertagesstätte als Gleichaltrige aus nicht armutsbetroffenen Familien, erläuterte Tack. Diese Unterschiede trügen von Beginn an zur Festigung sozialer Ungleichheit bei.
Dass sich an diesem Ungleichgewicht in Niedersachsen auch nach Abschaffung der Kita-Gebüren im Jahr 2018 nicht allzu viel geändert habe, zeige, dass die Ursachen kein Kostenproblem seien: «Das Problem sind fehlende Information, Orientierung und Begleitung», unterstrich Tack: «In vielen Familien gibt es schlicht keine Tradition, die Chancen frühkindlicher Bildung wahrzunehmen - und dieses Muster setzt sich über Generationen fort.»