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Hannover (epd). Die Marktkirche in Hannover erhofft sich vom Einbau des von Altkanzler Gerhard Schröder (SPD) gestifteten Reformationsfensters lebendige Diskussionen über Kunst und Glauben. «Wir möchten mit den Menschen im Gespräch bleiben und immer wieder Zugänge schaffen», sagte der Kirchenvorstandsvorsitzende Martin Germeroth am Dienstag dem Evangelischen Pressedienst (epd). Das zwölf Meter hohe Buntglasfenster wirke im Original völlig anders als auf den Entwürfen und «wird bestimmt zu anderen Meinungen führen, wenn es erstmal im Original anzusehen ist». Es könne den Betrachterinnen und Betrachtern wichtige Denkanstöße geben.

   

Obwohl es auch Kritik an dem Werk des Künstlers Markus Lüpertz gebe, werde der Beschluss, das Fenster einzubauen, im Kirchenvorstand von einer breiten Mehrheit getragen, betonte Germeroth: «Wir stehen zu dieser Entscheidung.» Er hoffe, dass das Oberlandesgericht Celle sich der Entscheidung des Landgerichts Hannover anschließe - dieses hatte den Einbau im Januar in erster Instanz erlaubt (AZ: 18 0 74/19).

   

Die Celler Richter wollen am 30. November über die Berufung verhandeln. Der Architekten-Erbe Georg Bissen hatte Klage gegen die Installation erhoben - sein Stiefvater Dieter Oesterlen (1911-1994) hatte die im Krieg zerstörte Marktkirche nach 1946 wiederaufgebaut und neu gestaltet.

   

Das Fenster zeigt eine weiße Figur, die den Reformator Martin Luther (1483-1546) darstellen soll, sowie weitere Motive mit Bezug zur Reformation. Für kontroverse Diskussionen sorgen fünf große schwarze Fliegen, die für das Böse und die Vergänglichkeit stehen. Das Kunstwerk wurde von der Glasmanufaktur Derix in Taunusstein bereits fertiggestellt. Die Kosten werden auf rund 150.000 Euro geschätzt. Anlass für Schröders Geschenk war das 500.

Reformationsjubiläum 2017.

   

«Das Kunstwerk ist in mittelalterlicher Handwerksmanier gestaltet und besticht durch große Schönheit der Glasgestaltung», sagte Germeroth. Es setze sich darüber hinaus mit einem zentralen Thema der Reformation auseinander: «Aus meiner Sicht zeigt es den Kampf, den Luther gekämpft hat mit der damaligen Obrigkeit, mit sich selbst und seinen Ängsten. Jeder Betrachtende ist aufgerufen, sich seine eigenen Gedanken dazu zu machen.»

   

Am 17. Oktober wird die Marktkirche die jährliche Gemeindeversammlung abhalten, die für alle wahlberechtigten Mitglieder der Kirchengemeinde öffentlich ist. «Dabei wird der neue Pastor der Gemeinde sich vorstellen und auch das neue Fenster zur Sprache kommen», sagte Germeroth. Kritiker hatten eine solche Versammlung gefordert und dafür im Internet eine Petition gestartet. Sie hatten zudem ein Gesamtkonzept zur Umgestaltung aller zehn bisher schlicht verglasten Seitenfenster der Kirche verlangt.

   

Michael Grau/epd