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Hannover (epd). Die Kirchen in Niedersachsen streben einen gemeinsam verantworteten christlichen Religionsunterricht an den Schulen des Bundeslandes an. Dieser Vorschlag solle bis zum Mai 2022 mit den zuständigen staatlichen Stellen, den Religionslehrkräften und in den Kirchen diskutiert werden, kündigten Bildungsexperten der evangelischen und katholischen Kirche am Mittwoch an. Auch Schüler, Eltern und Ausbildungsstätten sollten einbezogen werden. Das Modell sei bundesweit einmalig und gehe über Kooperationen in anderen Bundesländern hinaus. Andererseits wollten die niedersächsischen Kirchen nicht so weit gehen wie etwa in Hamburg, wo Schülerinnen und Schüler mehrerer Religionsgemeinschaften gemeinsam unterrichtet werden.

 

 

 

Der geplante christliche Religionsunterricht soll für evangelische und katholische Schülerinnen und Schüler gemeinsam erteilt werden. Darüber hinaus sei er aber zugleich offen für alle anderen interessierten Kinder und Jugendlichen, betonte die Bevollmächtigte der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen, Oberlandeskirchenrätin Kerstin Gäfgen-Track. Es handele sich um ein benotetes Pflichtfach, das wie der bisherige konfessionell getrennte Religionsunterricht auch abiturfähig sei. «Der christliche Religionsunterricht wird gemeinsame Inhalte haben», erläuterte Gäfgen-Track. «Er wird aber auch die Unterschiede, die es zwischen evangelisch und katholisch weiterhin gibt, klar benennen.»

 

 

 

Das neue Fach könne nach Abschluss der Beratungen erstmals zum Schuljahr 2023/24 angeboten werden, sagte der Leiter der Abteilung Schulen und Hochschulen im katholischen Bistum Osnabrück, Winfried Verburg. Es trete dann an die Stelle des bisherigen evangelischen oder katholischen Religionsunterrichtes. Um den Unterricht zu organisieren, wollen die Kirchen eine gemeinsame evangelisch-katholische Stelle schaffen, die sich beispielsweise um die Ausbildung der Lehrkräfte und um Lernmittel kümmert.

 

 

 

Die niedersächsischen Kirchen arbeiteten beim Religionsunterricht bereits seit 30 Jahren zusammen, erläuterte der Leiter der Hauptabteilung Bildung im katholischen Bistum Hildesheim, Jörg-Dieter Wächter. Beim konfessionell-kooperativen Unterricht könnten evangelische Schüler auch bisher schon am katholischen Unterricht teilnehmen und umgekehrt. Dieses Modell solle nun weiterentwickelt werden: «Der Sinn und die Plausibilität dafür, Kinder nach Konfessionen zu trennen und zu sortieren, geht immer mehr verloren.»

 

 

 

Laut Wächter sind in Niedersachsen gegenwärtig 46 Prozent der Schülern evangelisch und 16 Prozent katholisch. 23 Prozent seien ohne Bekenntnis, neun Prozent seien Muslime, und sechs Prozent gehörten einer anderen Religion an. Demgegenüber nähmen rund 75 Prozent der Schüler an einem christlichen Religionsunterricht teil. «Der Religionsunterricht ist ziemlich gut nachgefragt, und zwar über den Kreis der eigenen Adressaten hinaus», unterstrich Wächter.

 

 

 

Die katholische Deutschen Bischofskonferenz erklärte, sie werde sich an dem Beratungsprozess in Niedersachsen beteiligen. «Eine abschließende Bewertung der Entwicklung des Religionsunterrichts in Niedersachsen ist erst am Ende dieses Prozesses möglich», sagte ihr Sprecher Matthias Kopp.