Vechta (epd). Der Altersforscher Andrea (rpt: Andrea) Teti hat Senioren gewarnt, die Gefahr durch das Coronavirus zu unterschätzen. «Die Situation ist ernsthaft», sagte der Professor für «Alter und Gesundheit» an der Universität Vechta am Mittwoch im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Zwar mache die Altersgruppe der über 70-Jährigen nur rund 20 Prozent aller COVID-19-Kranken aus.
«Aber wenn sie das Virus bekommen sind sie überdurchschnittlich von schweren Folgen bis zum Tod bedroht.» Die meisten Corona-Toten seien in Deutschland und im Ausland 80 Jahre und älter.
Gerade ältere Menschen nähmen das Risiko zu erkranken nicht wahr, sagte Teti. Die Hitzewellen der vergangenen Sommer seien sichtbar und fühlbar gewesen. Sich vor der Hitze zu schützen, habe unmittelbar eingeleuchtet. «COVID-19-Infektionsrisiko ist dagegen unfassbar. Zwar hören wir täglich in den Nachrichten davon, doch kennen bislang die wenigsten persönlich einen Erkrankten.»
Wer in den 1930er und 1940er Jahren geboren wurde, habe bereits viele Krisensituationen erlebt und neige häufig dazu, Notsituationen zu bagatellisieren. Hinzu komme, dass die meisten Menschen dieser Altersgruppe sich jünger fühlten, als es ihr kalendarisches Alter behauptet. «Sich jung zu fühlen ist eine grandiose Ressource. Aber die Zahlen sagen eindeutig, dass Menschen dieses Alters das höchste Risiko tragen. Das müssen sie ernst nehmen», betonte der Professor.
Mit dem Ausstieg aus dem Berufsleben verschöben sich die sozialen Bedürfnisse. Teti zufolge spielen Autonomie und Selbstbestimmung im Alter eine größere Rolle. Gleichzeitig verkleinere sich jedoch der Aktionsradius und reduziere sich der Kontakt zu anderen Familienmitgliedern. «Das Gespräch über den Verkaufstresen oder an der Kasse gewinnt dann an Bedeutung.»
Aus diesem Grund empfänden viele ältere Menschen das Angebot für sie einzukaufen, als drohenden Verlust der Souveränität, erläuterte Teti. Jüngere Menschen sollten sich dies vergegenwärtigen und den Senioren Kompromisse anbieten. «Fragen Sie, welche Unterstützung sie sich im Alltag wünschen.»
An die Senioren appellierte der Professor, ihre Verantwortung bei der Bekämpfung des Virus wahrzunehmen. «In diesen Tagen einen Besuch abzuweisen ist kein Akt der Unhöflichkeit, sondern des Selbst- und Fremdschutzesschutzes.» Dies gelte auch für die gute Freundin, die man seit mehr als 40 Jahre kennt. «Nähe durch Distanz ist möglich. Soziale Kontakte können auch mit dem Telefon aufrechterhalten werden.»