Hannover (epd). Die hannoversche Landeskirche will ihre Verfassung aus dem Jahr 1965 grundlegend überarbeiten und erneuern. Synoden-Präsident Matthias Kannengießer stellte dem in Hannover tagenden evangelischen Kirchenparlament am Freitag den ausführlichen Entwurf einer Revision mit 85 Einzelartikeln vor. Im Kern gehe es darum, den Gemeinden mehr Freiräume für die Zukunft zu ermöglichen. «Wir wollen die heutige Kirchenwirklichkeit besser in der Verfassung wiedergeben», sagte Kannengießer. Die Verfassung dürfe kein «Korsett» sein, sondern müsse Raum für neue Entwicklungen und Veränderungen bieten. «Auf diese Veränderungen müssen wir uns in Zukunft einstellen.»
Nach dem Entwurf sollen die derzeit 1.266 Gemeinden der größten evangelischen Landeskirche in Deutschland unter anderem mehr Möglichkeiten erhalten, sich als traditionelle Ortsgemeinde oder als themenorientierte «Personalgemeinde» zu organisieren. Strukturen sollen schlanker werden, um Doppelarbeit zu vermeiden. So soll der Kirchensenat, ein «Runder Tisch» der kirchenleitenden Organe, entfallen. Seine Aufgaben sollen verteilt werden - so soll etwa künftig ein Personalausschuss über die Besetzung leitender Stellen entscheiden. In der Debatte sorgte vor allem dieser Punkt für Diskussionsstoff.
Der Entwurf räumt Jugendlichen mehr Beteiligungsmöglichkeiten in den Gremien ein. Die Kirchenkreise als mittlere Ebene zwischen Ortsgemeinde und Landeskirche werden ausführlicher beschrieben als bisher. Der Neufassung sind anders als bisher theologische Grundaussagen vorangestellt, die unter anderem Bezug auf die «Barmer Theologische Erklärung» von 1934 nehmen. Damit hatte sich damals die «Bekennende Kirche» gegen die Kirchenpolitik der Nationalsozialisten gewandt. Der Entwurf hält fest, dass die Kirche zum demokratischen Rechtsstaat stehe. Er betont zudem, dass Juden nicht zum «Religionswechsel» bewegt werden sollen.
Das kirchliche Leben und sein gesellschaftliches Umfeld hätten sich in den vergangenen 50 Jahren grundlegend gewandelt, sagte Kannengießer. Der Text von 1965 verwende noch eine «hoheitlich-aufsichtliche Sprache», die nun durch eine einladende und «gendergerechte» Sprache abgelöst werden solle. Das Konzept soll nach den Plänen des Verfassungsausschusses zunächst in den Gemeinden und Kirchenkreisen sowie in der Synode ausführlich beraten werden. Im Januar 2020 könnte die neue Verfassung in Kraft treten.