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Ulm/Hannover (epd). 21 Kandidatinnen und Kandidaten haben sich am Sonntagabend in Ulm für die 14 Plätze im Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) beworben. Die Wahl erfolgt am Dienstag. Qua Amt gehört die Präses der Synode, Katrin Göring-Eckardt, dem Rat an.

Nachfolgend dokumentiert epd die Kandidatenliste mit biografischen Angaben und einer kurzen Zusammenfassung der jeweils fünfminütigen
Vorstellung:

Jochen Bohl, (Jg. 1950), Dresden, Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens seit 2004, davor Direktor des Diakonischen Amtes des Diakonischen Werkes der sächsischen Landeskirche: Die Aufbauzeit der Diakonie in Sachsen war für Bohl eine spannende Zeit: Soviel Anfang war nie. Er wirbt für eine Kirche, die wachsen will. Außenorientierung sei gefragt.

Tabea Dölker, (Jg. 1958), Holzgerlingen, staatlich anerkannte Erzieherin in Kindergarten und Kindertagesstätte, Tagesmutter, Mitglied des Württembergischen Landessynode seit 1995: Den Lebens- und Sinnfragen von Menschen begegnet Dölker, wenn sie ihren Mann, den Bürgermeister in Holzgerlingen südlich von Stuttgart, bei Vereinsfesten und anderen Terminen begleitet. Sie wirbt für eine Aufwertung Ehrenamtlicher in der Kirche, weil diese «Brückenbauer» in verschiedene Milieus seien.

Elke Eisenschmidt, (Jg. 1981), Magdeburg, Mathematikerin, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Mathematische Optimierung der Universität Magdeburg, Mitarbeit im Evangelischen Studienwerk Villigst: Die frischgebackene Doktorin der Mathematik arbeitet in einem interdisziplinären Projekt zur Hirnforschung mit.
Eisenschmidt ist überzeugt, dass Wissenschaft und Glaube aneinander wachsen können, und will Gräben zwischen Jugend und Kirche überwinden. Als Ratsmitglied möchte sie gerne das komplexe Kommunikationssystem Kirche verstehen.

Ulrich Fischer, (Jg. 1949), Karlsruhe, Landesbischof der Evangelischen Landeskirche in Baden seit 1998, Vorsitzender des Präsidiums der Union Evangelischer Kirchen und Vorsitzender des Verwaltungsrates des Gemeinschaftswerks der Evangelischen
Publizistik: Fischer sagt von sich, er sei das «personifizierte Verbindungsmodell», mit lutherischer Herkunft zum überzeugten Unierten geworden. Er bekennt seine Zuneigung zu katholischer Liturgie ebenso wie zu evangelikaler Frömmigkeitspraxis. Der Bischof sprach sich für weitere Schritte aus, die EKD von einem Bund von Landeskirchen hin zu einer gemeinsamen Kirche für alle Evangelischen in Deutschland zu entwickeln.

Johannes Friedrich, (Jg. 1948), München, Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern seit 1999, Leitender Bischof der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands seit 2005: Friedrich wirbt für Akzeptanz des Verbindungsmodells. Auf diesem Weg müsse die evangelische Kirche noch weiter vorankommen und das Trennende überwinden. Seine Arbeitsgebiete Studierendengemeinde und Hochschulen sowie Nahost möchte er gerne fortführen.

Martin Hein, (Jg. 1954), Kassel, seit 2000 Bischof der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck, Mitglied des Zentralausschusses des Weltkirchenrates, Vorstandsvorsitzender der Forschungsstätte der Evangelischen Studiengemeinschaft: Hein wirbt dafür, konfessionelle Engführung zu überwinden. Die Leitungsgremien müssten die Bedürfnisse der Kirchengemeinden stärker wahrnehmen. Evangelische Christen seien auf Ökumene und damit einen weltweiten Horizont angewiesen.

Frank Otfried July, (Jg. 1954), Stuttgart, Landesbischof der Evangelischen Landeskirche in Württemberg seit 2005, davor Direktor und erster Pfarrer des Evangelischen Diakoniewerks Schwäbisch Hall, Mitglied im Zentralausschuss der Konferenz Europäischer Kirchen: «Glaubensheiterkeit» ist für July eine wichtige Dimension seines Lebens. Die Diakonie muss sich seiner Ansicht nach in der Spannung bewähren, einerseits Wesensäußerung der Kirche und andererseits Teilnehmer auf dem Sozialmarkt zu sein. July warnt davor, bei der Weitergabe des Glaubens an die nächste Generation auf «Plastikwörter» zu setzen, die keine Kraft hätten.

Margot Käßmann, (Jg. 1958), Hannover, seit zehn Jahren Bischöfin der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Hannovers, davor war die promovierte Theologin Generalsekretärin des Deutschen Evangelischen Kirchentages: Erste Post von der EKD erhielt Käßmann 1981 in Form einer Einladung zur ÖRK-Vollversammlung in Vancouver, das theologisch-ökumenische Gespräch ist ihr seither wichtig. Evangelisches Profil und vertrauensvolles ökumenisches Miteinander sind für Käßmann keine Gegensätze.

Susanne Kastner, (Jg. 1946), Maroldsweisach (Unterfranken)/Berlin, Vizepräsidentin des Bundestages, die Religionspädagogin gehört seit 1989 dem Bundestag an, unter anderem war sie Parlamentarische Geschäftsführerin und Kirchenbeauftragte der SPD-Bundestagfraktion: Den kirchlich-diakonischen Einrichtungen kommt nach Kastner eine vorrangige Existenzberechtigung zu: Dort wird gelebter Glaube vermittelt.

Karin Kessel, (Jg. 1959), Speyer, Oberkirchenrätin der Evangelischen Kirche der Pfalz seit 1998, die Juristin ist unter anderem zuständig für Kirchenverfassungs- und Staatskirchenrecht, Finanzen und Bauangelegenheiten, Mitglied der dienstrechtlichen Kommission der EKD: Kessel verspricht, etwas von der protestantischen Streitkultur der Pfälzer in den Rat einzubringen. Sie wirbt für eine Weiterführung des Reformprozesses mit Augenmaß. Das Doppelgebot der Liebe sollte auch in kirchlicher Gremienarbeit beherzigt werden, findet die Oberkirchenrätin.

Uwe Michelsen, (Jg. 1948), Hamburg, beim NDR im Programmbereich Kultur und Dokumentation Leiter der Abteilung Religion und Kirche, davor war der Pastor theologischer Referent in der Bischofskanzlei Hamburg, Mitglied der nordelbischen Synode: Michelsen sieht sich Arbeiterpriester im Weinberg Gottes.

Fidon Mwombeki, (Jg. 1960), Wuppertal, Generalsekretär der Vereinten Evangelischen Mission seit 2006, der tansanische Theologe und Wirtschaftswissenschaftler war zuvor Generalsekretär der Nordwest-Diözese Bukoba der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Tansania: Im Land Luthers könne er neue Erfahrungen für seine Kirche gewinnen, meint Mwombki. Aus Tansania verfügt er über Erfahrungen mit Muslimen.

Annette Scheunpflug, (Jg. 1963), Nürnberg, Professorin für Allgemeine Pädagogik an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Mitglied der EKD-Kammer für Bildung, Familie und Jugend, seit 2005 stellvertretende Vorsitzende: Sieht Erwartungen an die Kirche im Bildungsbereich.

Jann Schmidt, (Jg. 1948), Leer, der reformierte Theologe steht seit 2004 als Kirchenpräsident an der Spitze der Evangelisch-reformierten Kirche, stellvertretender Moderator des Reformierten Bundes: Die reformierten Farbtupfer sind Schmidt zufolge Ausdruck der konfessionellen Vielfalt des Protestantismus. Konfessionelle Verschiedenheit sieht er als Reichtum, aber er hält nichts von Konfessionalismus und Abgrenzung. Wer eine starke EKD will, muss auch die Synode stärken, meint der Kirchenpräsident.

Nikolaus Schneider, (Jg. 1947), Düsseldorf, Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland seit 2003, Vorsitzender des Aufsichtsrates des Evangelischen Entwicklungsdienstes seit 2005 und Vorsitzender des Diakonischen Rates: Zentral für seine theologische Reflexion ist Nachdenken über Kreuz und Auferstehung, der Sieg über die Macht des Todes. Das Verbindungsmodell nennt Schneider zukunftsweisend, die Reformanstöße müssen fortgesetzt werden. Der Prozess der Zusammenführung von Diakonie und Entwicklungsdienst mache ihm Freude, bekennt der Präses.

Irmgard Schwaetzer, (Jg. 1942), Berlin, Apothekerin und langjährige FDP-Bundestagsabgeordnete, ehemalige Staatsministerin und Bundesbauministerin, Vorsitzende des Domkirchenkollegiums am Berliner Dom: Sie gehört zur «Generation in der dritten Lebensphase». Dieses Alter sei Gelegenheit, sich auf das Wichtige zu konzentrieren. An der Schnittstelle zur Politik will Schwaetzer evangelische Positionen einbringen.

Marlehn Thieme, (Jg. 1957), Bad Soden, Direktorin der Deutschen Bank AG, Bereichsleiterin Education Corporate Citizenship, Mitglied des ZDF-Fernsehrates, Präsidiumsmitglied des Deutschen Evangelischen Kirchentages, Vorstandsmitglied des Arbeitskreises Evangelischer Unternehmer: Gestaltung ansprechender Gottesdienste und Glaubenskurse sind ihr wichtig. Tritt für vertrauensvolles Miteinander von Kirche und Diakonie ein. Thieme will mit Glaubenszeugnis moralische Grundlagen der Gesellschaft festigen.

Ulrike Trautwein, (Jg. 1958), Frankfurt a.M., Gemeindepfarrerin in Frankfurt-Bockenheim, davor im oberhessischen Laubach, Autorin für Verkündigungssendungen im Hessischen Rundfunk: Sieht im Gemeindepfarramt das Herzstück kirchlicher Arbeit. Nach Trautweins Erfahrung muss Sprache so sein, dass sie Menschen für Evangelium begeistert. Sie ärgert sich über das Klischee von leeren Kirchen und will ihre Basiserfahrungen in den Rat einbringen.

Gerhard Ulrich, (Jg. 1951), Kiel, seit Oktober 2008 Bischof des Sprengels Schleswig und Holstein in der Nordelbischen Evangelisch-Lutherischen Kirche, zuvor Propst des ländlichen Kirchenkreises Angeln: Keine klassische kirchliche Sozialisation: Schauspiel und Theaterwissenschaft studiert, er entdeckte Glaube, Theologie und Kirche am Theater durch eine atheistische Schauspielkollegin, die den 139. Psalm rezitierte. Kirche solle sich mit klar erkennbarem evangelischem Profil in öffentliche Debatte einmischen.

Gesine Weinmiller, (Jg. 1963), Berlin, Architektin, Finalistin im Wettbewerb für das Holocaust-Mahnmal, Preise für das Bundesarbeitsgericht und die Landesbank Karlsruhe, Professorin an der Hochschule für bildende Künste (HafenCity Universität) Hamburg, Kuratorin der Berliner Stiftung St. Matthäus: Im wirklichen Leben beschäftigt sie sich mit den zentralen Themen des christlichen Glaubens: Erinnerung und Versöhnung, Tod und Gedenken. Menschenwürdige Gebäude sind ihr Thema. Skeptiker und Distanzierten soll die Kirche in den Blick nehmen, findet die evangelische Christin.

Klaus Winterhoff, (Jg. 1950), Bielefeld, Juristischer Vizepräsident des Landeskirchenamtes der Evangelischen Kirche von Westfalen seit 1996, Vorsitzender des Finanzbeirates der EKD, Verwaltungsratsmitglied der Deutschen Bibelgesellschaft. Von der Beliebtheit der Schornsteinfeger könnten Juristen nur träumen, räumt Winterhoff ein. Er ist vertraut mit Finanz- und Strukturfragen. Pflege des status quo hat keine Verheißung, am allerwenigsten in der Kirche, wirbt Winterhoff für Veränderungen.