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Loccum/Kr. Nienburg (epd). Die Theologieprofessorin Julia Koll ist am Freitag als Direktorin der Evangelischen Akademie Loccum eingeführt worden. Der Theologische Vizepräsident des Landeskirchenamtes in Hannover, Ralph Charbonnier, sagte im Festgottesdienst in der Loccumer Klosterkirche, Koll könne als Akademiedirektorin helfen, einem gesellschaftlichen Grundgefühl der Hoffnungslosigkeit zu begegnen.

Evangelische Akademie arbeiteten an den Schnittstellen zwischen Kirche, Wissenschaft und Zivilgesellschaft, sagte Koll am Rande des Gottesdienstes. Akademiearbeit sei «die womöglich vornehmste Art, sich als Kirche politisch zu betätigen». Besonders am Herzen lägen ihr Fragen der Kirchenentwicklung und zeitgemäßer Formen christlicher Religiosität, sagte Koll. Hier wolle sie bald eigene thematische Akzente setzen.

Die 48-jährige Theologin war im Dezember zur Nachfolgerin von Pfarrerin Verena Grüter berufen worden. Grüter war im Sommer 2023 nach zwei Jahren als Direktorin zurück in die bayerische Landeskirche gewechselt. Koll hat ihren Dienst bereits im April aufgenommen. Sie gehört auch dem Konvent des benachbarten Klosters Loccum an.

Die neue Direktorin war den Angaben zufolge bereits von 2014 bis 2019 als Studienleiterin an der Loccumer Akademie tätig. Die promovierte Theologin habilitierte sich 2015 an der Universität Göttingen. Seitdem lehrt sie dort regelmäßig im Fach Praktische Theologie und wurde 2023 zur außerplanmäßigen Professorin ernannt. Sie studierte Evangelische Theologie in Marburg und Berkeley (USA). Danach war sie Vikarin in Garbsen bei Hannover sowie Pastorin in Stade und im Kirchenkreis Uelzen. Koll ist verheiratet und lebt in Hannover.

Die 1946 gegründete Akademie Loccum zwischen Weser und Steinhuder Meer gehört zu den ältesten und renommiertesten unter den 16 evangelischen Akademien in Deutschland. Sie veranstaltet jährlich etwa 80 Tagungen mit bis zu 5.000 Besucherinnen und Besuchern.

 

«Gesellschaftliche Verständigung muss möglich sein» - Drei Fragen an Julia Koll, neue Direktorin der Akademie Loccum 

epd-Gespräch: Lothar Veit 

Loccum (epd). Am Freitag ist die Theologin Julia Koll als neue Direktorin der Evangelischen Akademie Loccum eingeführt worden. Die traditionsreiche Einrichtung veranstaltet jährlich etwa 80 Tagungen zu Themen aus Politik, Religion, Kultur und Gesellschaft. Die neue Direktorin will weiterhin auf kontroverse Debatten, aber auch auf Kirchenthemen und Kultur setzen, sagte sie im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd).

epd: Frau Koll, die Evangelische Akademie Loccum ist sogar drei Jahre älter als das Grundgesetz. Welche Idee steckte seinerzeit aus ihrer Sicht hinter der Gründung?

Julia Koll: Tatsächlich war der Impuls ein ganz ähnlicher: In der Gründung der evangelischen, aber auch der katholischen Akademien kommt das «Nie wieder» zum Ausdruck, und auch der erklärte Wille, selbst einen Beitrag zu leisten zu einem gedeihlichen gesellschaftlichen Zusammenleben. So sehe ich unsere Arbeit bis heute als eine Art gelebtes Grundgesetz: Sie fußt auf dem Bekenntnis zu Menschenwürde, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. Wohlwissend, dass diese Prinzipien gepflegt werden müssen, vor allem in Gestalt konstruktiver gesellschaftlicher Diskurse. Das ist unser Markenkern.

epd: Wir erleben in vielen Debatten eine Polarisierung, manche Menschen sind Argumenten gar nicht mehr zugänglich. Welchen Beitrag kann eine Evangelische Akademie hier leisten?

Koll: Das ist eine schwierige und durchaus schmerzhafte Frage. Wir ringen damit genauso wie viele andere, die in dieser Gesellschaft Verantwortung übernehmen. Eine Antwort liegt auf der Hand: Das Dilemma der gesellschaftlichen Polarisierung mit ihren unabsehbaren politischen Folgen gehört zu unserem Thementableau. Außerdem sind wir gerade dabei, uns in Sachen politische Bildung und Demokratieförderung noch stärker mit anderen Playern zu vernetzen, sowohl mit kirchlichen als auch mit zivilgesellschaftlichen. Genauso wichtig scheint mir aber dies: Dass wir dranbleiben, dass wir die Hoffnung hochhalten, dass gesellschaftliche Verständigung möglich ist.

epd: Welche Themen sind für Sie am dringlichsten, wo wollen Sie Akzente setzen?

Koll: Über die hinaus, die wir gerade angesprochen haben, sind es zwei Themenfelder, die ich gerne stärken möchte: Zum einen das Feld der Kirchenentwicklung. Seit Jahrzehnten bewegen wir uns auf Umbrüche sondergleichen zu, auf die die Kirchenleitungen ja auch mit ihren Mitteln zu reagieren versuchen. Es fehlen aber Formate, um kollektive Fantasien für eine zukunftsfähige Kirche von morgen zu entwickeln.

Hier sehe ich die Akademien durchaus in der Pflicht. Mit all ihrer gesellschaftlichen, theologischen und eben auch kirchlichen Schnittstellenkompetenz stellen sie für mich die idealen Orte für solche Prozesse dar. Dabei sollte Kirchenentwicklung meines Erachtens auch die religionshermeneutische Dimension berücksichtigen, also das Ringen um ein zeitgenössisches Verständnis christlicher Religion und ihrer sozialen Formen.

Zum anderen liegt mir am Herzen, dass wir als kirchliche Akteurinnen und Akteure die Verbindung zur Gegenwartskultur pflegen. Musik, Theater, Literatur - das sind doch unsere natürlichen Partner, wenn es um die großen Fragen geht. In Loccum haben wir mit dem Campusambiente wundervolle Ausgangsbedingungen, um auch künstlerisch anregende Formate zu gestalten - die möchte ich gerne verstärkt nutzen.


Internet:
www.loccum.de