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Nachwuchsmangel, Arbeitsverdichtung und viele Job-Aussteigerinnen:
Die Liste der Herausforderungen in der Pflege ist lang. In Hannover berieten am Montag rund 200 Experten über die Zukunft der Branche angesichts des demografischen Wandels.

Hannover (epd). Der Mangel an Pflegekräften ist aus Sicht von Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) die größte sozialpolitische Herausforderung in Niedersachsen. «Der Anteil der hochbetagten Menschen wird deutlich steigen», sagte er am Montag beim Fachkongress «Pflege demografiefest gestalten» in Hannover. Doch schon jetzt fehlten landesweit etwa 700 Vollzeitkräfte, um die alten Menschen zu pflegen. Bis 2030 werde der Bedarf auf mehrere Tausend steigen. Deshalb müsse das Land alles tun, um Nachwuchskräfte zu gewinnen. «Der Umgang mit den Älteren ist ein Barometer für die Menschlichkeit in einer Gesellschaft», unterstrich Weil.

Bei dem ersten Kongress seiner Art in Hannover berieten auf Einladung des Landes rund 200 Experten angesichts des demografischen Wandels über Strategien für die Zukunft der Pflege in Niedersachsen. Unter ihnen waren Vertreter von Pflegekassen, kommunalen Spitzenverbänden, Wohlfahrtsverbänden, Gewerkschaften oder Pflege-Einrichtungen. Vor allem müssten Lösungen für den ländlichen Raum gefunden werden, denn dort sei die Situation noch schwieriger als in den Ballungsgebieten, sagte Weil.

Zudem müssten die Gehälter für Pflegekräfte deutlich steigen:
«Damit junge Menschen sich entscheiden, in diesem Beruf ihre Zukunft zu sehen.» Ein Lösungsweg könne ein flächendeckender allgemeinverbindlicher Tarifvertrag sein. Weil begrüßte es, dass die Diakonie auf diesem Weg bereits vorangegangen sei. «Nun müssen noch andere Bündnispartner gefunden werden.» Nötig seien zudem arbeitsrechtliche Modelle, nach denen Berufstätige pflegebedürftige Angehörige ohne Nachteile im Job zu Hause betreuen könnten.

Nach Angaben von Sozialministerin Cornelia Rundt (SPD) liegen die Gehälter in der Pflege landesweit momentan rund 23 Prozent unter den Tarifen vergleichbarer Berufe. Niedersachsen bilde damit das Schlusslicht aller Bundesländer. Die Landesregierung könne zwar nicht selbst in die Selbstverwaltung von Pflegekassen und Einrichtungen eingreifen. Aber «wenn die Selbstverwaltung das nicht hinkriegt», könne das Land versuchen, eine «Verordnungsermächtigung» des Bundes an die Länder zu erwirken, um die Sache selbst zu regeln.

Rundt sprach sich erneut für eine umlagefinanzierte Ausbildung in der Pflege aus. Das derzeitige System bevorzuge Einrichtungen, die nicht ausbildeten, weil fertige Fachkräfte von anderen Betrieben abgeworben würden. Das sei ein «absurdes Anreizsystem». Eine weitere Aufgabe sei, Fachkräfte in den Einrichtungen zu halten. «Der Berufsverbleib ist zu gering.» Viele stiegen aus dem Job aus, weil es zu wenig Geld, zu wenig Freizeit und stattdessen eine hohe Arbeitsverdichtung gebe.