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Wer sich am Sonnabend spontan in der Oldenburger Lambertikirche taufen lassen wollte, benötigte nur einen Personalausweis. Das niedrigschwellige Angebot wurde zum Erfolg. Am Ende konnten sich 20 junge und erwachsene Menschen als Christ bezeichnen.

   

In der altehrwürdigen Oldenburger St. Lambertikirche herrschte an diesem Sonnabend ein reges Kommen und Gehen. Immer wieder treten kleine oder größere Gruppen vor den Altar, um sich um eine mit weißen und orangen Blüten geschmückte Taufschale zu versammeln. Insgesamt 20 Mal stellten die evangelischen Pastorinnen Beate Bühler-Egdorf, Susanne Duwe, Anja Kramer und Gesa Schaer-Pinne an diesem Nachmittag die entscheidende Frage: „Willst du getauft werden?“

   

Was wie eine Massenabfertigung anmutete, war tatsächlich immer wieder aufs Neue eine kleine, aber feine und intime Zeremonie: Auch wenn für Vorgespräche nur wenige Minuten Zeit blieb, sprechen die Pastorinnen die Täuflinge, Eltern und Paten sehr persönlich an. Die strahlenden Gesichter im Anschluss geben davon ein deutliches Zeugnis.

   

Auch die 17-jährige Neele antwortete auf die Tauffrage mit „Ja, mit Gottes Hilfe“. Dem von einer Karte abgelesenen Glaubensbekenntnis ist direkt die Taufe angeschlossen. Dreimal wird ihre Stirn mit Wasser benetzt. Nach einer Taufformel folgen das Vater-Unser-Gebet und ein Segen. Popkantorin Sarina Lal singt ein Lied und die versammelte Gemeinde applaudiert der neuen Christin. Alles in allem dauert die Zeremonie keine zehn Minuten.

   

Neele wurde nicht als Kind getauft, weil der Vater evangelisch, die Mutter aber katholisch war. Als ihre Mutter ihr von der Aktion erzählte, habe sie nicht lange nachdenken müssen, sagt sie. Dass sie sich irgendwann taufen lassen wollte, sei für sie längst klar gewesen. „Mir ist es schon wichtig, unter Gottes Schutz zu stehen und von ihm begleitet zu werden.“

   

Pastorin Susanne Duwe berichtete zwischen zwei Taufen, die Motivation der Menschen, sich spontan taufen zu lassen, sei sehr unterschiedlich. „Die einen tragen den Gedanken schon lange in sich, den anderen fehlt das Geld für eine große Tauffeier im Kreise der Familie. Wieder andere konnten bislang keine Paten finden.“ Die Idee zur „Taufe to go“ habe sie im dänischen Kopenhagen kennengelernt, sagte sie. „Wir wollten die Taufe so einfach wie möglich machen, ohne bürokratisches Tamtam.“

   

Mit großen Augen verfolgte auch die vierjährige Mara das Geschehen bei ihrer Spontan-Taufe. Sie zündete mit der Hilfe ihres Vaters am Ende ihre Taufkerze an der großen Osterkerze an. Ihre beiden älteren Brüder seien bereits getauft, „aber bei Mara ist uns Corona dazwischen gekommen“, sagte ihr Vater. „Die Taufe gehört bei uns einfach dazu.“

   

Insgesamt 16 Familien waren an diesem Nachmittag in die Kirche gekommen. Getauft wurden Babys, Teenager, erwachsene Männer und Frauen. Damit es vor dem Altar kein Gedränge gab, hatten Gemeindesekretärinnen zuvor bei der Aufnahme der persönlichen Daten Nummern verteilt. Immer wieder streiften die Pastorinnen in ihren Talaren durch die Reihen und fragten die Gesellschaften nach ihren Nummern.

   

Die Brüder Christian (27) und Alexander (25) Rieck - sie hatten die Nummer elf erhalten - brauchten einen kleinen Anstoß von außen zur Taufe. „Wir arbeiten in kirchlichen Kindergärten“, sagte Christian. Beide waren lässig mit T-Shirt, kurzen Hosen und Sneakers gekleidet. Die Chefin habe deutlich gemacht, dass eine Festanstellung nur mit vorheriger Taufe möglich sei, sagte er und grinst. „Aber das ist schon in Ordnung. Im Grunde trägt doch der Glaube unsere Arbeit.“

   

Geplant war die Taufaktion von 15 bis 17 Uhr für zwei Stunden. „Wir haben schon überlegt, was wir machen, wenn niemand kommt“, verrät Duwe, während in der Kirche nach mehr als drei Stunden die 20. und letzte Taufe des Tages vollzogen wird. „Mit einem solchen Erfolg haben wir nicht gerechnet. Ob es wirklich Zufall war, dass wir genau 20 Taufkerzen dabei hatten, sei dahin gestellt“, sagte sie und lachte.

   

Natürlich gebe es auch Kritiker, die den ernsten Sinn der Taufe schon beim Titel „Taufe to go“ in Gefahr sehen. Doch die verweist Duwe auf den sogenannten Taufbefehl am Ende des Matthäus-Evangeliums in der Bibel. Dort beauftrage Jesus seine Jünger, die Menschen zu taufen. Erst danach folge die Anweisung, die Getauften zu unterrichten. „Und ob und wie die Taufe wirkt - das können wir getrost dem Wirken des Heiligen Geistes überlassen“, sagt die Pastorin.

   

Jörg Nielsen (epd)

 

 

Die „Taufe to go“ bot den Kurzentschlossenen eine kleine, aber feine Zeremonie an. Pastorin Anja Kramer bei einer von insgesamt 20 Taufen.
Die „Taufe to go“ bot den Kurzentschlossenen eine kleine, aber feine Zeremonie an. Pastorin Anja Kramer bei einer von insgesamt 20 Taufen.
Bei der Taufe sprach Pastorin Gesa Schaer-Pinne den Segen Gottes zu. Fotos: ELKiO/ Luise Pahl