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Hannover (epd). Der niedersächsische Landtag hat am Dienstag mit den Stimmen der Regierungsfraktionen von SPD und CDU die umstrittene Novelle des Kita-Gesetzes beschlossen. Wichtigste Neuerungen sind die schrittweise Einführung einer dritten Fachkraft in Ganztagsgruppen ab 2027 und eine dualisierte vergütete Ausbildung für Erzieherinnen und Erzieher neben der vollschulischen und unvergüteten Ausbildung.

 

 

 

Kultusminister Grant Hendrik Tonne (SPD) verteidigte das Gesetz gegen Vorwürfe aus der Opposition. Das Gesetz schreibe landeseinheitliche Qualitätsstandards fest. Die Einführung der dritten Fachkraft sei unumkehrbar und seriös umsetzbar. Ab August 2023 werde das Land ausbildende Einrichtungen mit jährlich 20.000 Euro je Ausbildungskraft unterstützen. In der zweiten Stufe ab August 2027 finanziere das Land die dritte Fachkräfte mit bis zu 20 Wochenstunden in allen Ganztagskindergärten mit 19 oder mehr belegten Plätzen.

 

 

 

Die CDU-Abgeordnete Mareike Wulf hatte zuvor betont, es sei derzeit nicht möglich, eine dritte Kraft früher einzuführen, weil es auf dem Arbeitsmarkt keine Fachkräfte gebe. Bei den Erzieherinnen und Erziehern herrsche Vollbeschäftigung. Die neuen Fachkräfte müssten erst einmal ausgebildet werden.

 

 

 

Die Opposition warf der Landesregierung vor, es handele sich um eine «Mogelpackung». Volker Bajus (Grüne) kritisierte, dass der Rechtsanspruch auf einen inklusiven Kita-Platz fehle. Insgesamt trage das Gesetz keine bildungspolitische, sondern eine finanzpolitische Handschrift. Der bildungspolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Björn Försterling, bemängelte weiter, dass die notwendigen und alltäglichen Leitungs- und Verfügungszeiten nicht erhöht worden seien: «Die Erzieherinnen und Erzieher werden also weiterhin einen Teil dieser Arbeit in ihrer Freizeit erledigen müssen.»

 

 

 

Schon vor der Abstimmung erneuerten die Gewerkschaft ver.di, die Diakonie und andere Wohlfahrtsverbände ihre Kritik am neuen Gesetz. Der Vorstandssprecher der Diakonie in Niedersachsen, Hans-Joachim Lenke lobte, zwar den Willen der Landesregierung, die Personalsituation zu verbessern. Doch blieben wichtige Themen unberücksichtigt. Außerdem komme die angekündigte dritte Fachkraft zu spät, um die jetzt dringend benötigte Entlastung in den Kitas zu gewährleisten.

 

 

 

Katja Wingelewski von der Gewerkschaft ver.di sagte, die Beschäftigten seien «enttäuscht und wütend». Sie bräuchten jetzt eine verlässliche Perspektive und mehr Zeit für die pädagogische Arbeit sowie Fachberatung und Leitungstätigkeiten. Das neue Gesetz ignoriere die enorm angestiegenen Bildungsanforderungen an die Kitas in den vergangenen 30 Jahren.

 

 

 

Für die Arbeiterwohlfahrt sagte Geschäftsführer Marco Brunotte, das Land befinde sich auf einem guten Weg. Niedersachsen brauche jetzt dringend ein Fachkräftebündnis Kita: «Wir müssen dem Fachkräftemangel aktiv begegnen und die Kapazitäten an Fachschulen für Erzieherinnen ausbauen.»

 

 

 

Die kommunalen Spitzenverbände begrüßten zwar die Absicht des Landes, dritte Kräfte in Kindergarten-Gruppen voll zu finanzieren. Eine Pflicht zur Einführung der dritten Kraft lehnten sie jedoch ab. Die Kommunen sollten selbst entscheiden, ob sie in ihren Einrichtungen eine dritte Kraft für erforderlich und machbar hielten, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung des Städte- und Gemeindebundes sowie des Städtetags. Da personelle Strukturen eine erhebliche Vorlaufzeit benötigten, müsse es mindestens eine zehnjährige Übergangszeit geben.