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Hannover/Hamburg (epd). Der Hamburger Berater bei religiöser Radikalisierung, André Taubert, glaubt nicht daran, dass Menschen innerhalb von kurzer Zeit radikale Islamisten werden. "Radikalisierung vollzieht sich nicht binnen Tagen, sondern ist ein langer Weg", sagte der Mitarbeiter der Fachstelle "Legato" für religiös bedingte Radikalisierung in Hamburg der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung". Über die Attentäter von Nizza und Ansbach hatte es geheißen, sie hätten sich binnen kürzester Zeit radikalisiert.

"Die Lust zu töten wird es bei den späteren Attentätern schon sehr viel früher gegeben haben", sagte Taubert. "Die islamistische Ideologie kommt dann als Legitimation ihrer Tat noch dazu." Menschen auf dem Weg zur Radikalisierung isolierten sich zunehmend. "Das Umfeld wiederum leidet am Abbruch des Kontakts." Oft wendeten sich Eltern, Geschwister, Lehrer oder Freunde an die Hamburger Ausstiegs-Beratungsstelle, wenn sie Anzeichen wie Rückzug, eine Veränderung von Kleidung und Essgewohnheiten oder eine "konfrontative Religiosität" bemerkten, erläuterte Taubert.

Ihnen rate er, sich nicht auf einen Streit einzulassen. "Ein Vater, der die Jugendlichen vom Islam abbringen will, erreicht damit in den meisten Fällen das Gegenteil", sagte er. Der sogenannte "Islamische Staat" suggeriere den Jugendlichen, dass sie als Muslime im Westen unterdrückt würden. Die Eltern sollten zwar ihre eigene Haltung deutlich machen, die Haltung des Jugendlichen aber nicht verurteilen. "So lässt sich die Abkoppelung des Jugendlichen wieder rückgängig machen." Die Beratungsstelle helfe dabei mit Mitteln der systemischen Familientherapie.