Die immer schärfer werdenden Corona-Kontaktbeschränkungenlassen die Kirchen nicht in Ruhe. Die Bischöfe in Niedersachsen richten am Montag einen eindringlichen Appell an die Gesellschaft, alte und kranke, aber auch junge Menschen nicht zu vergessen.
Hannover (epd). Angesichts stark steigender Corona-Fallzahlen haben die niedersächsischen Bischöfe zu Solidarität mit den Schwächsten in der Gesellschaft aufgerufen. Jetzt sei «Mitsorge für den Nächsten» gefragt, damit Kranke und Sterbende sowie Kinder und Jugendliche nicht erneut die Hauptleidtragenden von Corona-Schutzmaßnahmen wie Kontaktbeschränkungen seien, heißt es in einer am Montag in Hannover veröffentlichten gemeinsamen Erklärung der katholischen und evangelischen Kirchen in Niedersachsen. «Nicht nur Gebote und Hygieneregeln werden entscheidend sein, um diese Pandemie zu besiegen - sondern auch die Liebe zum Nächsten», betonte der evangelische Landesbischof Ralf Meister, der das Papier gemeinsam mit dem katholischen Bischof Heiner Wilmer aus Hildesheim in der Neustädter Hof- und Stadtkirche vorstellte.
Zugleich forderten die Bischöfe, dass die Begleitung Sterbender in Pflegeeinrichtungen und Krankenhäusern durch Seelsorger und Angehörige auch während der Pandemie möglich sein müsse. «Es ist als Kirchen unsere Pflicht, bei den Sterbenden zu sein», betonte Bischof Wilmer. Neben dem gesundheitlichem Wohl müsse auch dem «Wohl von Seele und Herz» Rechnung getragen werden. Wilmer räumte ein, dass die Kirchen während des Shutdowns im Frühjahr womöglich zu zurückhaltend gewesen seien. Menschen seien einsam gestorben, und «wir müssen uns fragen, warum wir nicht immer zur rechten Zeit am rechten Ort gewesen sind».
Wilmer betonte, dass es entscheidend sei, Maßnahmen zum Gesundheitsschutz mit Sorgfalt und Umsicht gegen andere wesentliche Güter abzuwägen. «Wer zu viel lockert, gefährdet Menschenleben, wer zu wenig lockert, riskiert schwere wirtschaftliche und soziale Folgen», sagte der Hildesheimer Bischof mit Blick etwa auf Kinder aus sozial schwachen Familien, deren Bildungskarrieren durch mögliche Schulausfälle weiter beeinträchtigt würden.
Zudem hebt die Erklärung die Bedeutung der Kirchen in unsicheren Zeiten hervor. Menschen suchten gerade jetzt Orientierung. Sie erlebten sich als verletzlich, sterblich und trostbedürftig. Deshalb sei es entscheidend, Kirchengebäude «mit der gebotenen Verantwortung und Vorsicht» als Trosträume offenzuhalten. Gerade Kindern und Jugendlichen böten Kirchengemeinden «Raum und Menschen, die zuhören, begleiten und anregen, auch dann, wenn es erneut zu Schließungen von Kindertagesstätten kommt».
In Hinblick auf Weihnachten äußerte sich Landesbischof Meister zuversichtlich, dass Gottesdienste unter strengen Corona-Vorschriften stattfinden können: «Unsere Hygienekonzepte bewähren sich seit Monaten. Außerdem sind wir inzwischen erfahrener im Umgang mit der Situation.»
Die Unterzeichner der gemeinsamen Erklärung sind neben Meister und Wilmer die evangelisch-lutherischen Bischöfe Thomas Adomeit aus Oldenburg, Christoph Meyns aus Braunschweig und Karl-Hinrich Manzke aus Schaumburg-Lippe, der evangelisch-reformierte Kirchenpräsident Martin Heimbucher sowie für die katholische Kirche der Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode und Weihbischof Wilfried Theising aus Vechta.