Heiligabend-Predigten betonen Hoffnung in erschütterten Zeiten
Mit Blick auf eine von Kriegen, Krisen und Verunsicherung geprägte Welt haben die Bischöfe und Kirchenleitenden der evangelischen Kirchen in Niedersachsen und Bremen an Heiligabend die friedensstiftende Botschaft der Weihnachtsgeschichte betont.
Hannover/Bremen (epd). Angesichts von Krieg, gesellschaftlicher Unsicherheit und wachsenden autoritären Verhältnissen in der Weltpolitik haben die leitenden Geistlichen in Niedersachsen und Bremen die friedensstiftende Bedeutung der Weihnachtsgeschichte betont.
Die Erzählung von der Geburt Jesu im Stall zu Betlehem sei immer dann bedeutsam geworden, wenn die Welt aus den Fugen geraten sei, sagte der hannoversche Landesbischof Ralf Meister in seiner Heiligabend-Predigt in der hannoverschen Marktkirche.
Der evangelische Bischof betonte, der Erlöser, dessen Ankunft in der Heiligen Nacht verkündet werde, sei keiner der «selbsternannten Weltretter», nach denen sich Millionen Menschen sehnten. Viel mehr erscheine Gott als Kind, angewiesen auf andere, scheinbar machtlos. Doch Kinder seien «die stärksten Hoffnungsträger, die wir haben», unterstrich Meister. Die Welt brauche «die Kraft anschaulich gelebter Hoffnung», wie sie mit jedem Kind zur Welt komme.
Der Oldenburger evangelische Bischof Thomas Adomeit hat in seiner Predigt in der Christnacht die froh machende Botschaft der Weihnachtsgeschichte betont. Sie laute: «Freue dich - mitten in einer Welt, die so laut ist in ihren Konflikten, in ihren Sorgen, in ihrer Härte», sagte der evangelische Bischof in der Oldenburger St. Lamberti-Kirche. Weihnachten habe eine froh machende Botschaft auch für diejenigen, in deren Leben es gerade nicht «festlich» sei. Gott bleibe nicht auf Distanz, er komme zu den Menschen.
Mit Gott beginne eine andere Wirklichkeit, sagte Adomeit, der auch Ratsvorsitzender der evangelischen Kirchen in Niedersachsen ist, laut Manuskript. Am Ende seien es weder die Lauten, die dann gewönnen, noch die Zyniker oder Menschenverächter. Christinnen und Christen dürften nicht verstummen und seien gefragt - am Küchentisch, in der Nachbarschaft, im Verein, im Kollegenkreis, auch in der Öffentlichkeit. «Nicht mit erhobenem Zeigefinger, sondern mit Haltung: klar gegen Menschenverachtung, Ausgrenzung, klar positioniert für unsere Ordnungen, die uns den Frieden der letzten Jahre ermöglicht haben - und offen für das Gespräch.»
Im Braunschweiger Dom bezeichnete Oberlandeskirchenrat Thomas Hofer die Weihnachtsgeschichte als «Gegengeschichte gegen Irrsinn und Gewalt» und gegen «Autokraten und Kriegstreiber, die sich für Friedenskönige halten». In seiner Predigt als stellvertretender Landesbischof sagte er, Weihnachten sei wie ein Lagerfeuer, das nicht ausgehe. «Wir erzählen diese Geschichte Jahr um Jahr, um Kraft zu schöpfen und neu auf die Herausforderungen unserer Welt zu blicken.» Weihnachten sei «eine Bühne, auf der Liebe, Frieden und Freude aufgeführt werden». Rituale und Wiederholungen, wie sie auch Weihnachten prägten, seien wichtig für den Zusammenhalt der Gesellschaft.
Die reformierte Kirchenpräsidentin Susanne Bei der Wieden deutete die Weihnachtsgeschichte als Botschaft der Hoffnung in unsicheren Zeiten. In ihrer Weihnachtspredigt in Großwolde bei Leer verwies sie auf die Parallelen zur heutigen Zeit mit politischen Umbrüchen, wirtschaftlichen Unsicherheiten und gesellschaftlichen Spaltungen. In diese Unsicherheit bringe das «Wunder von Weihnachten» Klarheit. Die Weihnachtsbotschaft habe eine Kettenreaktion entfaltet, die bis heute wirke. «Gott ist ins Dunkel der Welt gekommen. Und er ist dageblieben.»
Der Bremer Kirchenpräsident Bernd Kuschnerus rief in der Bremer Melanchtonkirche dazu auf, mehr Liebe zu wagen. Die Welt brauche dringend Heilung, sagt der evangelische Theologe. «So vieles ist zerrissen und kaputt.» Er erinnerte an die aktuellen Kämpfe und Konflikte in Gaza, Thailand und Kambodscha, im Sudan und in der Ukraine. Mit Weihnachten gebe Gott die Antwort auf das Leid: «Gott wagt mehr Liebe und macht sich für uns verletzbar wie ein Kind.»
Ein Beitrag von Daniel Behrendt (epd)