Die angestrebten Verträge des Landes Niedersachsen mit den muslimischen Verbänden und den alevitischen Gemeinden sorgen weiter für Wirbel. Jetzt stellt die CDU neue Bedingungen.
Hannover (epd). Die CDU-Fraktion im niedersächsischen Landtag will die Debatte um die Verträge zwischen dem Land und den muslimischen Landesverbänden neu aufrollen. Die Fraktion hat am Dienstag in Hannover ein Positionspapier dazu beschlossen. Grundsätzlich befürworte die CDU, dass Verträge mit den Muslimen geschlossen werden, sagte Fraktionschef Björn Thümler. Wichtig sei jedoch, dass darin Rechte und Pflichten für beide Seiten festgehalten würden und die Integration im Mittelpunkt stehe. «Entweder beraten wir darüber, oder es gibt am Ende gar keinen Vertrag mit uns.»
Die evangelischen Kirchen in Niedersachsen wollten das CDU-Papier auf epd-Anfrage nicht direkt kommentieren, solange keine neue Textfassung für die Verträge vorliege. «Wir brauchen Verträge, die mit einer breiten Mehrheit die islamischen Gemeinschaften anerkennen und sich mit ihnen über Rechte und Pflichten in unserem Staat verständigen», betonte ihr Sprecher Johannes Neukirch. Die Kirchen hatten im Februar zu den Vertragsentwürfen Stellung bezogen und Nachbesserungen verlangt.
Die rot-grüne Landesregierung teilte in einer ersten Reaktion mit, sie begrüßte es, dass sich nach dem CDU-Votum jetzt alle im Landtag vertretenen Parteien für den Abschluss einer Vereinbarung mit den muslimischen Verbänden aussprächen. Die Regierung werde zu weiteren Gesprächen einladen, um eine von allen mitgetragene Regelung zu finden. Bei Vertretern der Regierungsfraktionen stieß das Positionspapier dagegen auf Kritik.
In insgesamt 14 Punkten fordert die CDU-Fraktion von den Verbänden unter anderem die Verpflichtung, religiösen Fundamentalisten wie Salafisten oder Islamisten entgegenzutreten. «Religiöse Hassprediger dürfen in Moscheen kein Forum erhalten», heißt es dazu. Die Verbände sollen zudem Muslimen das Recht einräumen zu einer anderen Religion zu konvertieren.
Auf die Einrichtung von Gebetsräumen oder «Räumen der Stille» an Schulen sollte verzichtet werden. Auf den Ruf des Muezzin zum Gebet an den Moscheen sollen die Muslime ebenfalls freiwillig verzichten, um die Akzeptanz für den Bau von Moscheen zu stärken. Die Verbände sollten zudem nachvollziehbar darlegen, «dass ihr Auftreten nicht von ausländischen Regierungen beeinflusst wird».
Die Grünen kritisierten die Forderungen. Diese atmeten einen Geist des Misstrauens gegenüber den Muslimen, sagte die Fraktionsvorsitzende Anja Piel: «Mit Ihren Forderungen geht die CDU sehr weit und stellt an einigen Stellen die derzeit gültige Rechtslage infrage.» Die Grünen hielten die Islamverträge für eine große Chance. Sie hoffe darauf, dass in den kommenden Tagen in gemeinsamem Gesprächen der Landtagsparteien Lösungen gefunden würden, sagte Piel.
Ursprünglich wollte die Landesregierung die Verträge mit den muslimischen Verbänden Schura und Ditib sowie mit den Alevitischen Gemeinden im Sommer unterzeichnen. Zu Verzögerungen war es nach einem Wechsel an der Spitze der Schura gekommen. Der langjährige Schura-Vorsitzende Avni Altiner war dabei durch Recep Bilgen abgelöst worden. Bilgen und weitere neu gewählte Vorstandsmitglieder gehören der Gemeinschaft Milli Görüs an. Diese wurde bis 2014 noch vom Verfassungsschutz beobachtet und steht der türkischen AKP nahe.
Die Opposition im Landtag hatte sich zwar grundsätzlich für die Verträge ausgesprochen, jedoch Nachbesserungen verlangt. Auch die evangelischen Kirchen in Niedersachsen halten in dem bisherigen Vertragstext noch Änderungen für nötig.