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München/Hannover (epd). Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, fordert in der Sterbehilfedebatte einen «radikalen Ausbau» der Palliativmedizin. Dies sei die beste Lösung, damit schwerstkranke Menschen erst gar nicht den Wunsch entwickelten, sterben zu wollen, sagte der Bischof am Freitagabend bei der Vorstellung seines neuen Buches «Leben dürfen - Leben müssen: Argumente gegen die Sterbehilfe» in München.

Dazu müsse man aber Geld in die Hand nehmen und auch die Pflege und Hospizarbeit besser finanzieren, mahnte Bedford-Strohm. Zugleich forderte er ein Verbot der organisierten Sterbehilfe. Ansonsten könnten alte und kranke Menschen irgendwann unter Druck geraten, organisierte Sterbehilfe in Anspruch nehmen zu müssen, weil diese zum gesellschaftlichen Normalfall geworden sei.

Beim ärztlich assistierten Suizid dagegen sieht der Sozialethiker keinen Handlungsbedarf. Die Mediziner handelten in solchen Situationen verantwortungsvoll. Der Gesetzgeber sollte den Ärzten für solche «individuellen Grenzsituationen» Spielräume lassen und keine gesetzliche Regelung erlassen, sagte der Bischof.

Gian Domenico Borasio, einer der führenden Palliativmediziner in Deutschland, bezeichnete die Sterbehilfedebatte als «große Nebelkerze». In Ländern, in denen Suizidhilfe erlaubt sei, betrage die Quote von Menschen, die so ihr Leben beendeten, nur rund 0,2 Prozent aller Todesfälle. In Deutschland sei die Debatte nur deshalb so groß, weil die Menschen Angst hätten, im Notfall keine Suizidbeihilfe zur Verfügung zu haben. Seiner Einschätzung nach braucht es eine klare Regelung des assistierten Suizids.

Die Evangelische Kirche in Deutschland ist der Zusammenschluss von 20 deutschen Landeskirchen mit rund 23,4 Millionen Protestanten. Das Kirchenamt der EKD befindet sich in Hannover-Herrenhausen.

epd