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epd-Gespräch: Dieter Sell

Bremen/München (epd). Die meisten Chefs sehen trauernde Mitarbeiter nach Erfahrungen des Unternehmensberaters Ulrich Welzel als Störfall im Betrieb. Nur selten wüssten Führungskräfte, wie sie etwa nach tödlichen Unfällen in der Firma auf Kollegen zugehen sollten, sagte Welzel in einem Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). «Dahinter steht keine Ignoranz, sondern Unsicherheit», erläuterte der Experte, der am 11. Mai auf der Bremer Kongressmesse «Leben und Tod» ein Management-Symposium zur «Trauer am Arbeitsplatz» leitet.

Meist werde von Mitarbeitenden erwartet, dass sie schnell wieder zur Tagesordnung zurückkehrten, sagte der Münchner Unternehmensberater. «Da kann es mächtig krachen, weil die Trauernden im Team oft nicht voll leistungsfähig sind, manchmal zu spät kommen, sich häufig krankschreiben lassen oder Gefahr laufen, bei der Arbeit Fehler zu machen.» Das könne den Teamgeist schwächen und kostspielige Schäden verursachen.

«Besser ist es, wenn Führungskräfte aktiv auf den Trauernden zugehen, der einen Kollegen oder auch ein Familienmitglied verloren hat», sagte Welzel. «Zeit nehmen, fragen, zuhören, da sein - darauf kommt es an.» Er rät zu einem Trauergespräch am besten außerhalb der Firma. Chefs könnten per E-Mail oder mit einer Karte Anteil nehmen. «Kondolieren sollten sie binnen 24 Stunden - am besten bei einem persönlichen Besuch im Trauerhaus.»

Manchmal helfe es auch, einen professionellen Trauerbegleiter zurate zu ziehen. «Es geht um Wertschätzung», bekräftigte der frühere Banker. Im persönlichen Gespräch könne geklärt werden, ob vorübergehend eine reduzierte Arbeitszeit oder eine andere Aufgabe sinnvoll seien.

Obwohl das Thema Tod am Arbeitsplatz meist ein Tabu ist, gibt es nach Beobachtung von Welzel auch gelungene Beispiele. So habe die Handwerkskammer in Koblenz zusammen mit dem Kölner Palliativmediziner Martin Fuchs ein Modell für den Umgang mit Trauer am Arbeitsplatz entwickelt. «Die Kammer bietet Seminare für Unternehmen an und organisiert im Trauerfall auch Hilfen etwa mit erfahrenen Psychologen, Theologen und Arbeitsmedizinern.»

Trauer sei eine natürliche Reaktion auf Verlust und keine Krankheit, gab der Experte zu bedenken. Aber sie könne dazu führen, dass ein Mensch vorübergehend den Halt in seinem Leben verliere. «Deshalb ist es so wichtig, dass es auch im Betrieb Rückhalt gibt.» Auf diese Aufgabe sollten sich Führungskräfte vorbereiten. «Das ist wie mit dem Schleuderkurs auf dem Verkehrsübungsplatz», sagte Welzel. «Man wünscht sich, dass es nie passiert. Wenn es aber doch passiert, ist man besser vorbereitet und vermeidet Fehler.»