Leiharbeit und Werkverträge sollen per Gesetz vor Missbrauch geschützt werden. Die niedersächsischen Gewerkschaften loben die Zielsetzung, kritisieren die Pläne aber als nahezu wirkungslos.
Hannover (epd). Die Gewerkschaften in Niedersachsen haben den anhaltend hohen Missbrauch von Werkverträgen und Leiharbeit kritisiert. «Wir erwarten von der Koalition in Berlin ein wirksames Gesetz dagegen», sagte der niedersächsische Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes, Hartmut Tölle, am Dienstag in Hannover. Die Missbrauchsquote bezifferte er nicht näher. Tölle nannte den aktuell im Bundestag vorliegenden Gesetzesentwurf einen ersten wichtigen Schritt, um Lohndumping zu bremsen. Dieser gehe allerdings noch nicht weit genug.
«Schon jetzt gleicht der Entwurf einem Flickenteppich, der zu viele Schlupflöcher offenlässt», mahnte Tölle. Im Gesetzgebungsverfahren dürfe es daher keine weiteren Aufweichungen geben. Bei Werkverträgen werden feste Summen für Leistungen vereinbart. Die Gewerkschaften seien zwar nicht generell gegen solche Verträge oder gegen Leiharbeit. Ein Missbrauch bestehe aber dann, wenn betriebliche Abläufe aus dem Stammgeschäft des Unternehmens plötzlich oder dauerhaft durch Werkarbeit ersetzt würden. «Es gibt inzwischen überhaupt keine Branche mehr, wo nicht über dieses Mittel versucht wird und versucht worden ist, Tarifverträge massiv zu unterlaufen.»
Gerade in Niedersachsen habe die Ausbeutung von Leiharbeitern und Werkvertragsangestellten in den vergangenen Jahren zugenommen, sagte Lars Niggemeyer, Abteilungsleiter für Arbeitsmarktpolitik beim DGB. Seit 2003 habe sich die Zahl der Leiharbeiter von rund 26.900 auf rund 92.400 im Jahr 2015 mehr als verdreifacht. Die Zahlen belegten, dass es längst nicht mehr nur darum gehe, Auftragsspitzen durch flexibles Personal abzufangen.
«Wir haben teils Strukturen, die darauf abgestellt sind, Daueraufträge von Leiharbeitern bearbeiten zu lassen», betonte Niggemeyer. «So werden unternehmerische Risiken auf Beschäftigte abgewälzt.» Im Ergebnis werde gleiche Arbeit unterschiedlich bezahlt. Ein Teil der Belegschaft müsse sich ausbeuten lassen und habe auf der anderen Seite keine Planungssicherheit für Familie, Beruf oder Kredite, um ein Eigenheim zu kaufen.
Die Regierungskoalition hatte sich im Mai auf den Entwurf geeinigt. Danach sollen Leiharbeiter künftig maximal 18 Monate im selben Betrieb beschäftigt werden dürfen. Spätestens nach neun Monaten sollen sie den gleichen Lohn erhalten wie die Stammbelegschaft. Außerdem dürfen sie nicht als Streikbrecher eingesetzt werden. Abweichungen soll es aber geben können, wenn sich die Tarifpartner darauf verständigen. Das gilt sowohl für die Dauer der Beschäftigung wie auch für die Lohnhöhe.