Anlässlich des 500-jährigen Reformationsjubiläums hatte die Katholische Akademie Stapelfeld am Sonntagabend, 5. März, den oldenburgischen Bischof Jan Janssen und den Vechtaer Weihbischof Wilfried Theising zu einem Gespräch über Martin Luther, Reformation und Ökumene eingeladen. Moderiert wurde dieses erste große öffentliche Gespräch der beiden Bischöfe von Pfarrer Dr. Marc Röbel und Kreispfarrer Michael Braun. In der vollbesetzten Aula stellten sich die Bischöfe auch den zahlreichen Fragen des Publikums. Ökumene, waren sich beide einig, sei sehr wichtig und im Oldenburger Land weit fortgeschritten. Bischof Janssen hatte in den vergangenen Jahren mit Weihbischof Heinrich Timmerevers einen engen Austausch gepflegt. Theising ist seit sieben Jahren Vorsitzender der Ökumenekommission des Bistums Münster.
Schon als Theologiestudenten haben sich beide intensiv mit der anderen Konfession beschäftigt. Janssen hatte während seines Studiums in Münster katholische Religionskurse besucht, Theising bei seinem Studienaufenthalt in Wien evangelische. Berührungsängste mit der anderen Konfession habe er nicht, sagte Theising. „Unterschiede bereichern“, ergänzte Janssen. „Und heute kennen wir beide die Situation, dass wir mit unseren Konfessionen im Oldenburger Land mal in der Mehrheit, mal in der Minderheit sind.“ Trotz ihres Bischofsamtes und den damit verbundenen Verwaltungsaufgaben fühlten sie sich aber in erster Linie als Seelsorger und möchten das auch bleiben, bestätigten beide auf die Frage nach ihrem Amtsverständnis.
Ob Luther auch ein Reizthema für sie sei, wollten die Moderatoren wissen. Für Janssen war es vor allem die negative Einstellung des Reformators zum Judentum, Theising nannte Luthers häufige Polemik. Positiv sehe er ihn hingegen im Bereich der Rechtfertigungslehre, wenn es um das Verhältnis zwischen Mensch und Gott gehe. Da helfe ihm Luther und seine Theologie sehe. Was sie mit Luthers Frau Katharina von Bora verbinden? Theising nannte die Mütterlichkeit, „die fehlt uns gerade in der katholischen Kirche. Wir sind eine stark von Männern geprägte Kirche.“ Die mütterliche Seite würde sicherlich gut tun, der Glaube würde mehr von Müttern geprägt als von Vätern. Für Janssen ist mit Katharina von Bora nicht nur das evangelische Pfarrhaus entstanden, sondern die Ehe zwischen dem ehemaligen Mönch und der ehemaligen Nonne habe für die Frauen ein Stück Lebensordnung geschaffen, die einen damals nicht unüblichen Zustand legalisierte.
Die Konfessionen würden heute so unverkrampft miteinander umgehen wie noch nie, waren sich beide Bischöfe einig. Und dennoch gebe es Trennendes. Dazu gehörten vor allem die Frage des Abendmahls und das Amtsverständnis – das allerdings, wie Janssen einräumte, auch in den evangelischen Kirchen nicht einheitlich sei. Das Papstamt, die Fokussierung auf eine Amtsspitze und die Unfehlbarkeitslehre sei lange ein Hindernis für Ökumene gewesen, erklärte er. Doch der heutige Papst baue viele Brücken für Ökumene. Ob ihn die fehlende Anerkennung der evangelischen Kirchen durch den Papst störe, wollte ein Zuhörer wissen. „Nein“, meinte Janssen, darauf seien sie nicht angewiesen. Man bitte auch nicht um die eigene Anerkennung Hinsichtlich des gemeinsamen Abendmahls äußerten beide die Hoffnung, dass es hier eine Annäherung geben werde.
Theising bezeichnete es „als Skandal, dass wir Christen das noch nicht hinbekommen haben.“ Es gebe eine Erwartung an die Kirchenleitungen, das zu klären. „Ich bin zuversichtlich, dass ich das noch erleben werde“, sagte er. „Doch einige diese Unterschiede werden wir wohl noch aushalten müssen.“ Wem solche Annäherungen zu langsam abliefen, meinte Janssen, solle bedenken, dass es im Oldenburger Land von den ersten ökumenischen Gesprächen 1966 sieben Jahre gedauert habe, bis die Kirchenvertreter beider Konfessionen miteinander gebetet hätten. 2007 sei die Taufe gegenseitig worden. „Das waren im Rückblick der letzten 500 Jahre Reformationsgeschichte schnelle Schritte.“
Die Reformation sei für die katholische Kirche kein Grund zum Jubeln, gestand Theising. „Aber wir müssen uns schon kritisch fragen, warum die Reformatoren damals keinen anderen Ausweg sahen.“ Hinsichtlich des aktuellen Reformationsjubiläums war er sich mit Janssen einig, dass alleine schon die gemeinsamen Feierlichkeiten ein klares Bekenntnis zur Ökumene seien. „Das wäre noch vor zehn Jahren völlig undenkbar gewesen“, machte Janssen deutlich. In den Jubel des Jubiläumsjahres gehöre allerdings auch die kritische Betrachtung von Luther und die Bitte um Vergebung – gegenüber Gott und anderen Menschen.
Zum 12. März laden Bischof Jan Janssen und Weihbischof Wilfried Theising um 18.00 Uhr zu einem gemeinsamen Versöhnungsgottesdienst in die Oldenburger St.-Lamberti-Kirche ein.
Ein Beitrag von Dr. Ludger Heuer.
Hier finden Sie eine Audioaufzeichnung des Bischofs-Talks.