Bremen (epd). Wer wie die kenianische Menschenrechtlerin Stella Agara (34) für ein faires Steuersystem und gegen teils illegale Wege der Steuerflucht kämpft, lebt gefährlich. Die "freundlichste Form" von Unternehmen, gegen sie vorzugehen, sei noch die öffentliche Diskreditierung, sagte Agara dem Evangelischen Pressedienst (epd). "Sie reden dann von Hexenjagd." Sie sei aber auch schon mit dem Tod bedroht worden. Die Aktivistin bekommt an diesem Sonntag für ihr leidenschaftliches Engagement für weltweite Steuergerechtigkeit den mit 10.000 Euro dotierten "Bremer Solidaritätspreis".
Agara stammt aus einfachen Verhältnissen und hat sich schon in jungen Jahren für die Kampagne "Cancel Debts for Children" - "Steuererlass für Kinder" - engagiert. Jetzt ist sie für den "African Youth Trust" tätig. Als Expertin der unabhängigen und überparteilichen Entwicklungs- und Advocacy-Organisation macht sie deutlich, dass Steuerflucht eine Grundursache für Armut ist.
In Workshops und mehrtägigen Trainings in Dörfern und Universitäten vermittelt sie oft jungen Leuten, welche Folgen die Verschiebung der Steuerlast in Briefkastenfirmen von Steueroasen hat, um sie für den Kampf gegen Steuerverminderung zu mobilisieren. "Am Ende steht immer ein Aktionsplan", sagte Agara. Dazu gehöre es, hartnäckig Abgeordnete zu fragen, was mit den Steuern passiere. Agara zeigt in ihren Workshops, wie Steuerflucht und die Folgen über Briefe, E-Mails und soziale Netzwerke öffentlich gemacht werden können.
Als Beispiel nannte Agara den australischen Bergbaukonzern Paladin in Malawi. Durch eine Briefkastenfirma in den Niederlanden seien dem südostafrikanischen Land über sechs Jahre Steuereinnahmen in Höhe von 48 Millionen US-Dollar verloren gegangen. "Das kann man umrechnen", verdeutlichte Agara. "Das entspricht dem Geld, das man braucht, um 40.000 Lehrer zu bezahlen oder 8.000 Ärzte."
Insgesamt gingen Afrika jährlich 51 Milliarden US-Dollar verloren, mit denen wichtige Projekte beispielsweise in der Gesundheitsversorgung, für Bildung oder für den Ausbau der Infrastruktur finanziert werden könnten. "Das ist drei Mal so viel, wie an Entwicklungshilfe in den Kontinent fließt. Afrika bräuchte von niemandem Entwicklungshilfe, wenn das Steuersystem richtig funktionieren würde."
Agara betonte, Transparenz sei wichtig, um gegen Steuervermeidung vorgehen zu können. So hätten die im vergangenen Jahr veröffentlichten Panama Papers deutlich gemacht, dass Uganda 400 Millionen Dollar an Heritage Oil verloren habe, weil die Kanzlei Mossack Fonseca dem Konzern empfohlen habe, sich in Mauritius registrieren zu lassen. "Das ist mehr als das Gesundheitsbudget des Landes. In Uganda kommen Menschen ums Leben, weil nicht genug Ressourcen da sind."
Info
Interessierte Bürgerinnen und Bürger können an der Preisverleihung am Sonntag, 18. Juni, um 17 Uhr im Bremer Rathaus teilnehmen. Der Eintritt ist frei.
https://maketaxfair.net