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Bremen (epd). Die Bremische Evangelische Kirche eröffnet ein Disziplinarverfahren gegen ihren umstrittenen Pastor Olaf Latzel. Das habe der leitende Kirchenausschuss am Donnerstagabend einmütig beschlossen, teilte Kirchensprecherin Sabine Hatscher mit. Wie auch im öffentlichen Dienst üblich, werde das Verfahren aufgrund laufender strafrechtlicher Ermittlungen zunächst ausgesetzt. Staatsschutz und Staatsanwaltschaft prüfen derzeit den Vorwurf der Volksverhetzung, weil Latzel bei einem «Eheseminar» vergangenes Jahr homosexuelle Menschen unter anderem als Verbrecher bezeichnet hatte.
   
Die Prüfungen sind nach Angaben der Bremer Staatsanwaltschaft noch nicht beendet. «Wir hoffen, dass wir sie im Laufe des Mai abschließen können», sagte Behördensprecher Frank Passade dem epd. Die Kirche verwies darauf, dass sie das Disziplinarverfahren nur wieder aufnimmt, wenn die Staatsanwaltschaft die Äußerungen Latzels als Straftat einstuft.
   
Ihren Beschluss nutzte die Leitung der Bremischen Evangelischen Kirche, um sich erneut von den Äußerungen Latzels zu distanzieren. «Auch wenn sie nicht als strafbar eingestuft werden sollten, schadeten derartige Entgleisungen dem Ansehen der ganzen Kirche erheblich», hieß es. Ähnlich argumentierten Kirchenbeschäftigte in einer Erklärung unter dem Titel «Für Demokratie, Respekt und Verständigung», kirchliche Personalvertreter forderten seine Suspendierung.
   
Latzel, Pastor der Bremer St.-Martini-Gemeinde, hatte im Verlauf des Seminars im Oktober 2019 gesagt, Homosexualität stehe gegen die göttliche Schöpfungsordnung. Er warnte vor einer «Homolobby»: «Überall laufen die Verbrecher rum vom Christopher Street Day. Der ganze Genderdreck ist ein Angriff auf Gottes Schöpfungsordnung, ist teuflisch und satanisch.» Das verunsichere Leute, zerstöre Zivilisation und Kultur. Die Inhalte des Seminars waren über Youtube online gestellt und verbreitet worden, mittlerweile sind sie nicht mehr öffentlich.
   
Auch Bremens Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD), zugleich Kirchensenator, kritisierte zwischenzeitlich Latzels Äußerungen. Ob damit die Grenze der Religionsfreiheit überschritten sei, müssten die Strafverfolgungsorgane entscheiden. «Ich sage aber deutlich: Für Hetze gegen Schwule und Lesben fehlt mir jedes Verständnis und ich verurteile sie ganz entschieden. Da bin ich mir übrigens mit den allermeisten Mitgliedern der Bremischen Evangelischen Kirche sehr einig.»
   
Ende März hatte sich Latzel in einer persönlichen Erklärung entschuldigt und gesagt, er sei falsch verstanden worden. Er habe nichts gegen homosexuelle Menschen. Der Kirchenvorstand der St.-Martini-Gemeinde stellte sich an seine Seite. Er sei dankbar für Latzels klare und bibelzentrierte Predigten. Rückendeckung erfährt Latzel nicht nur durch seine Gemeinde, sondern auch im Netz: In einer Online-Petition forderten bis Freitagmorgen knapp 16.000 Unterstützer, gegen Latzel kein Disziplinarverfahren zu eröffnen.
   
Der 52-jährige evangelikale Theologe ist in der Vergangenheit schon öfter in die Kritik geraten, unter anderem weil er 2015 Buddhisten, Katholiken und Muslime diffamiert hatte. Für bundesweite Schlagzeilen sorgten Latzel und die Gemeinde auch 2008, als sie einer Pastorin ihre Kanzel verwehrten.