Zum Hauptinhalt springen

Die Corona-Krise verändert den Blick auf die Werte in der Gesellschaft, davon zeigten sich leitende Theologen evangelischer Kirchen in ihren Karfreitags-Predigten überzeugt - und baten um Solidarität.

 

Hannover/Bremen (epd). Leitende Theologen evangelischer Kirchen in Niedersachsen und Bremen haben in Online-Gottesdiensten zum Karfreitag angesichts der Corona-Krise zur Besinnung auf wirklich wichtige Werte im Leben gebeten. Das seien nicht Toilettenpapier, Besitztümer oder das Ansehen in der Gesellschaft oder bei Freunden, betonte der hannoversche Landesbischof Ralf Meister in einer Aufzeichnung aus der Marktkirche in Hannover. Bremens leitender evangelischer Theologe Bernd Kuschnerus forderte vor allem Zusammenhalt, um die Krise zu bewältigen.

 

Auch der braunschweigische Landesbischof Christoph Meyns sagte, die Krise rufe dazu auf, «sich auf das zu besinnen, was wirklich wichtig ist». Mehr denn je sei der Karfreitag in diesem Jahr ein Tag, der an die grundlegenden Fragen des Lebens erinnere, formulierte er in einer Video-Predigt aus dem Braunschweiger Dom und fügte hinzu: «Wir erkennen unsere Sterblichkeit, die Angst, die davon ausgeht und die zerstörerische Macht, die sie über uns hat.»

 

Angst aber sei kein guter Ratgeber, warnte Meyns. Die Dynamik von Todesangst, Zerstörung und Selbstzerstörung könne durchbrochen werden durch den Glauben an Jesus Christus. Der leitende Bremer Theologe Kuschnerus sagte in einer Fürbitte an Gott: «Lass die Einsicht wachsen, wie sehr wir einander brauchen, wie gut es ist, Wissen und Mittel miteinander zu teilen, und wie kostbar Menschlichkeit ist.»

 

Kuschnerus ergänzte in der Aufzeichnung aus der historischen Bremer Ratskirche Unser Lieben Frauen: «Wir bitten dich, verändere uns alle in dieser Krise, dass wir mitfühlender werden, über alle Grenzen hinaus, bereit zu helfen, wo wir können, auch wenn uns das etwas kostet.»

 

Meister räumte angesichts existenzieller Bedrohungen vieler Menschen durch die Krise ein, dass er mit seinem Glauben hadert. «Es sind Tage, ehrlich, an denen ich manchmal den Glauben an Gott verlieren könnte», sagte er und fügte hinzu: «Nicht nur jetzt in der Corona-Krise, aber jetzt besonders.» Angesichts des Elends in Deutschland, in der Welt wolle er seine Klage, seinen Schmerz und seine Wut herausrufen: «Gott, wo bist du?»

 

Trotz seiner Fragen gab sich Meister überzeugt, dass Gott «wie wir daran leidet, dass die Welt ist, wie sie ist». Für ihn persönlich entstehe die engste Verbindung zu Gott immer «in den tiefsten und schönsten Momenten meines Lebens». Die Nähe liege «in den Wunden meines Lebens, in den Wunden unserer Gesellschaft», illustrierte er seinen Glauben an die Solidarität Gottes mit den Menschen in der Krise.

 

Weltweit erinnerten Christen am Karfreitag an das Leiden und Sterben Jesu am Kreuz. Der Tag stand in den Gemeinden ganz im Zeichen der Trauer. Vielerorts waren die Kirchen jedoch wegen der Corona-Pandemie geschlossen, Gottesdienste mit Publikum gab es nicht. Wie in Bremen und Niedersachsen hatten viele Gemeinden Übertragungen von Gottesdienstfeiern ins Internet gestellt. Zusätzlich gab es Radio- und Fernsehübertragungen.