Zum Hauptinhalt springen

Hannover (epd). Die Diskussion um die Unterbringung von Flüchtlingen in Niedersachsen wird schärfer. Die kommunalen Spitzenverbände haben am Mittwoch das Land erneut aufgefordert, die Kostenpauschale pro Flüchtling umgehend auf mindestens 10.000 Euro zu erhöhen. Das Land dürfe nicht erst auf Mittel vom Bund warten, erklärten der Niedersächsische Landkreistag, der Niedersächsische Städtetag und der Städte- und Gemeindebund in Hannover. Bisher zahlt das Land den Kommunen jährlich 6.195 Euro pro Flüchtling. Es hat ihnen kürzlich zusätzlich 40 Millionen Euro bewilligt.

Die Kommunalverbände kritisierten auch die Ankündigung von Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD), der 3.000 Asylsuchende aus den überfüllten Erstaufnahmen früher als geplant in den Kommunen schicken will. «Diese Hau-Ruck-Aktion führt zu einer Verschärfung der zum Teil schon extrem angespannten Unterbringungslage vor Ort», heißt es von den Verbänden.

Das Land müsse kurzfristig mindestens 5.000 weitere Plätze in den Erstaufnahmen schaffen, forderten sie. In den Erstaufnahmen in Bramsche, Braunschweig, Osnabrück und Friedland sind nach Angaben des Innenministeriums mittlerweile mehr als 8.000 Flüchtlinge untergebracht. Sie sind aber nur für rund 5.000 Menschen ausgelegt. Am Dienstag hatte Pistorius den Mietvertrag für eine weitere Unterkunft in Blankenburg bei Oldenburg unterzeichnet, die ab November bis zu 600 Flüchtlingen Platz bieten soll.

Weder könnten die Kommunen ohne Probleme Flüchtlinge aufnehmen noch müssten sie vom Land zum Einhalten der entsprechenden Quoten angehalten werden, erklärten die Geschäftsführer Joachim Schwind vom Landkreistag, Berthold Ernst vom Städte- und Gemeindebund und Jan Arning vom Städtetag.

Derzeit gebe es Berichte aus Kommunen, in denen die Flüchtlinge einfach mit Bussen vor die Kreishäuser gefahren würden. Damit werde den Landkreisen die Verantwortung überlassen, sie auf die Gemeinden zu verteilen, hieß es. «Das Land gibt seine Bemühungen für eine geordnete Erstaufnahme auf und beschränkt sich auf eine reine Durchleitung der Asylsuchenden.»

Die Kommunalverbände forderten das Land zudem auf, den Kommunen mehr Freiheiten im Haushalts-, Bau- und Vergaberecht zu verschaffen. Auch Pistorius will sich auf Bundesebene für ein Moratorium einsetzen, um Gesetze, die die Beschaffung von Unterkünften für Flüchtlinge erschweren, auszusetzen.

Der Innenminister sieht den Bund allerdings auch in finanzieller Verantwortung. «Der Bund zahlt heute etwa zehn Prozent der Kosten, die in den Kommunen aufgewandt werden müssen für die Flüchtlinge, das Land mehr als 80 Prozent und die Kommunen den Rest», sagte er der Oldenburger Nordwest-Zeitung (Mittwochsausgabe). «Das ist ein krasses Missverhältnis, das geändert werden muss.»