Was ist Heimat? Wie ist es möglich, nach Flucht und Vertreibung neue Wurzeln zu finden?
Fragen wie diese wirft der Zyklus „Exodus“ von Marc Chagall (1887-1985) auf, dem angesichts der Flüchtlingssituation derzeit eine neue Aktualität zukommt. Das Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte Oldenburg zeigt den Exodus-Zyklus vom 8. Mai bis 19. Juni im Rahmen der gemeinsam mit der Ev. Akademie initiierten Veranstaltungsreihe „Aufbruch und Ankunft. Auf dem Weg in eine neue Heimat“. Am Sonntag, 8. Mai, um 11.30 Uhr eröffnen Prof. Dr. Rainer Stamm, Direktor des Landesmuseums, und Olaf Grobleben, Beauftragter für Ethik und Weltanschauungsfragen der Ev.-Luth. Kirche in Oldenburg, die Ausstellung. Musikalisch begleitet Daniel Kempin, Kantor des Egalitären Minjan in der Jüdischen Gemeinde Frankfurt, die Vernissage.
„Chagalls Exodus-Zyklus zählt zu den eindringlichsten Bibelillustrationen des 20. Jahrhunderts. Hier mischen sich die jüdische Erzähltradition und der Stil der Moderne“, so Rainer Stamm, Direktor des Landesmuseums. In den 24 Farb-Lithografien schildert Chagall den Auszug des Volkes Israel aus Ägypten, die Versklavung und Flucht, die Wüstenwanderung, den Tanz um das Goldene Kalb, den Bundesschluss am Sinai und die stetige Begleitung Gottes, wobei er sich in der Umsetzung des Themas eng an die Schilderungen im Buch „Exodus“ des Alten Testaments anlehnt. Die Werke entstammen einer niedersächsischen Privatsammlung. 22 grafische Blätter aus dem 19. und 20. Jahrhundert zu alttestamentlichen Themen aus der Grafischen Sammlung des Landesmuseums, darunter Radierungen, Holzschnitte und Aquarelle von Künstlern wie Lovis Corinth, Ernst Wilhelm Nay und Heinrich Vogeler, ergänzen Chagalls Original-Lithografien.
Der Titel des 1966 in Paris entstandenen Zyklus‘ ist längst zu einem Schlüsselbegriff geworden für die Rettung versklavter und rechtloser Menschen aus Unrecht und Gewalt. Motive wie Befreiung, Aufbruch und Ankommen, von Chagall in beeindruckenden Bildern umgesetzt, ermöglichen die Auseinandersetzung mit aktuellen Themen wie Flucht, Migration und der Suche nach Heimat in einer globalisierten Welt.
Die Ausstellung wird von weiteren Veranstaltungen begleitet, die sich aus unterschiedlichen Blickwinkeln dem Thema nähern:
• 8. Mai, 14 Uhr; 14. Mai, 12 Uhr; 19. Juni, 16 Uhr: Öffentliche Führung durch die Ausstellung, im Oldenburger Schloss
• 20.-22. Mai: „Exodus ins Reich der Farben“, Kunstseminar, Ev. Bildungshaus Rastede
• 28. Mai, 9.30-16.45 Uhr: „Aufbruch und Ankunft. Auf dem Weg in eine neue Heimat“, Symposium mit Thomas Kossendey, Präsident der Oldenburgischen Landschaft, Lutz Gottwald, Koordinierungsstelle für Migration und Teilhabe der Stadt Delmenhorst, Hans-Joachim Schliep, Netzwerk „Christlich-jüdischer Dialog in Niedersachsen“, Familie Halz Salman Taher und Araz Ahmed Abed Albaqi, im Oldenburger Schloss
• 28. Mai, 15 Uhr: „Der Exodus in Wort und Bild“, literarische Führung mit Dirk Meyer, im Oldenburger Schloss
• 2. Juni, 15 Uhr, und 9. Juni, 16 Uhr: Führungen für Menschen, die versuchen, in der Region Oldenburg eine Heimat zu finden, im Oldenburger Schloss
• 12. Juni, 11 Uhr: „Auf ein Wort …“, Gespräch zwischen Dirk Meyer und der Leihgeberin Christa Kraemer zum Exodus-Zyklus, im Oldenburger Schloss
• 15. Juni, 12.30 Uhr: Kulturhäppchen – Kunst und Kultur für Geist und Gaumen „Marc Chagall – Der Exodus-Zyklus“, im Oldenburger Schloss
Mehr Informationen zur Ausstellung unter www.landesmuseum-ol.de, zur Veranstaltungsreihe unter www.akademie-oldenburg.de.
Über Marc Chagall:
Der gebürtige Russe Marc Chagall (1887-1985), der aus einer einfachen jüdischen Familie stammt, gilt als einer der bedeutendsten Maler und wichtigsten Künstler des 20. Jahrhunderts. Beeinflusst von Gauguin, van Gogh und Cézanne entwickelte Chagall seinen eigenen Stil, der schon früh von einer großen farblichen Ausdruckskraft geprägt ist. 1910 reist er erstmals nach Paris, wo er sich vom Kubismus und Orphismus begeistern lässt. 1930 wird Chagall von dem Pariser Verleger Ambroise Vollard beauftragt, die Bibel zu illustrieren, und reist dafür nach Ägypten, Palästina und Syrien. 1941 flieht er vor den Nationalsozialisten in die USA, vier Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs zieht er endgültig nach Südfrankreich. Mehr und mehr wendet Chagall sich monumentalen Aufgaben zu, entwirft Reliefs, Keramiken und Glasfenster, unter anderem für die Kathedrale von Metz und das Frauenmünster in Zürich sowie eine Mosaikwand für das israelische Parlamentsgebäude in Jerusalem.
„Marc Chagall – Der Exodus-Zyklus“
vom 8. Mai bis 19. Juni im Oldenburger Schloss
Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte Oldenburg
Schloss, Schlossplatz 1, 26122 Oldenburg
Öffnungszeiten: Di–So 10–18 Uhr, geschlossen: 15.5., geöffnet: 16.5.
Eintritt: 6 Euro / ermäßigt 4 Euro
www.landesmuseum-ol.de