Hannover (epd). Das Land Niedersachsen hat nach Angaben des Landesbetriebes für Statistik im vergangenen Jahr fast 26 Millionen Euro weniger für Asylbewerber ausgegeben als in 2007. Insgesamt flossen 103 Millionen Euro. Gleichzeitig sei die Zahl der Leistungsempfänger um 18 Prozent auf 17.605 Menschen gesunken, teilte der Landesbetrieb am Donnerstag in Hannover mit. Damit setzte sich ein seit 2003 anhaltender Trend fort. Damals hatten noch 30.326 Flüchtlinge die staatliche Unterstützung erhalten.
Der Hauptgrund für den Rückgang sei die Anerkennung des Bleiberechts von fast 4.000 Flüchtlingen, sagte der Referent für Ausländerfragen im niedersächsischen Innenministerium, Herbert Jelit, dem epd. 2007 hatte die Bundesregierung eine Altfallregelung für geduldete Flüchtlinge beschlossen. Danach wurde Geduldeten ein sofortiges Bleiberecht auf Probe gewährt, wenn sie sich zum Stichtag 1. Juli 2007 seit mindestens acht Jahren (Alleinstehende) oder sechs Jahren (Familien mit minderjährigen Kindern) in Deutschland aufhielten.
Eine Bedingung für das Bleiberecht auf Probe sei, dass die Flüchtlinge ihren Lebensunterhalt selbst bestreiten können, sagte Jelit. Deshalb seien sie nicht weiter auf Hilfen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz angewiesen. Außerdem seien 660 Menschen abgeschoben worden. Rund 360 weitere hätten sich zu einer freiwilligen Ausreise entschlossen.
Die finanzielle Unterstützung der Flüchtlinge liegt etwa 30 Prozent unter Hartz IV-Niveau. Seit dem Inkrafttreten des Asylbewerberleistungsgesetzes vor 16 Jahren seien die Bezüge nicht erhöht worden, um keine weiteren Anreize für Flüchtlinge zu schaffen, sagte Jelit. Wer als «Wirtschaftsflüchtling ohne Anerkennungsgründe» ins Land komme, erhalte von vornherein noch weniger Geld. Auch wer die angeordnete Ausreise hinauszögere, müsse mit weniger Unterstützung auskommen. Dies sei etwa der Fall, wenn Formulare für Ersatzpapiere falsch oder gar nicht ausgefüllt werden.
Nach der Statistik erhielten rund 8.500 Haushalte Hilfe nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Von ihnen bezogen 71 Prozent Wertgutscheine oder Geld. Die übrigen erhielten «Hilfe zum Lebensunterhalt» in Einrichtungen des Landes. Mehr als 40 Prozent der Hilfeempfänger seien minderjährig, nur neun Prozent älter als 50 Jahre.
Kai Weber vom Niedersächsischen Flüchtlingsrat kritisierte die gängige Praxis: «Flüchtlinge leben in Deutschland als Menschen zweiter Klasse.» Die Europäische Union habe im Frühjahr vorgeschlagen, die Leistungen für Flüchtlinge europaweit auf das Sozialhilfeniveau zu heben. Dies sei jedoch auf Betreiben der Bundesregierung gescheitert.
Angesichts der Wirtschaftkrise rechnet Weber damit, dass die Hälfte aller Flüchtlinge ihr Bleiberecht auf Probe wieder verlieren werden. Ohne ergänzende Hilfen könnten sie ihre Familien nicht ernähren. Doch wenn sie staatliche Hilfen in Anspruch nähmen, riskierten sie ihren Aufenthaltsstatus.