Johanniter übergaben Frauen- und Kinderschutzhaus Hanna offiziell der Bestimmung
Mit einem Gottesdienst am Mittwoch, 19. November, in der St. Lamberti-Kirche in Oldenburg hat der Johanniterorden das Johanniter-Frauen- und Kinderschutzhaus „Hanna“ offiziell seiner Bestimmung übergeben. Mehr als 200 Gäste waren gekommen, darunter der Herrenmeister des Johanniterordens, S.K.H. Dr. Oskar Prinz von Preußen, und der Präsident der Johanniter-Unfall-Hilfe, Volker Bescht. „Hanna-Haus“, ein Schutzhaus für Frauen mit ihren Kindern, die vor häuslicher Gewalt fliehen, ist eine Einrichtung der Hannoverschen Genossenschaft des Johanniterordens, zu der auch die Subkommende Oldenburg gehört. Betrieben wird das Haus von der Johanniter-Frauen- und Kinderschutzhaus Oldenburg gGmbH (JFKO), einer Tochtergesellschaft der Hannoverschen Genossenschaft. Mit der Geschäftsbesorgung hat die Hannoversche Genossenschaft die Johanniter-Unfall-Hilfe beauftragt.
„Es ist wunderbar zu sehen, wie hier alle zusammenarbeiten, um in Zeiten von Krieg und Krisen einen Ort zu schaffen, an dem geschundene Seelen Kraft und Mut schöpfen können“, sagte der Herrenmeister in seiner Ansprache. Damit schloss er nicht nur den Johanniterorden und sein Ordenswerk Johanniter-Unfall-Hilfe ein, sondern auch alle anderen Beteiligten: die Stadt Oldenburg, die Vermieter des Gebäudes an der Dammbleiche und alle anderen, die es möglich gemacht haben, dass das Hanna-Haus in so kurzer Zeit realisiert werden konnte.
Bedarf an Plätzen in Frauenhäusern ist sehr groß
Denn der Bedarf ist da. Rund 200 Frauen im Jahr mussten in der Vergangenheit bei dem bestehenden Frauenhaus in Oldenburg wegen Platzmangels abgewiesen werden. Jede davon mit einem ganz persönlichen Schicksal und in großer Not. Deshalb gab es schon 2021 den Auftrag durch das Konvent der Hannoverschen Genossenschaft, in Oldenburg ein Frauenhaus zu gründen. Grundlage ist der Kommunale Aktionsplan gegen Gewalt an Frauen, den der Rat der Stadt Oldenburg beschlossen hatte. Die ersten Anläufe scheiterten allerdings. „Mal war es der Schallschutz, mal war es der Denkmalschutz“, erinnerte sich Anja Maud Siegert, Kuratorin des Hanna-Hauses. „Wir wurden manchmal ein bisschen mutlos.“ Doch die breite Zustimmung sowie die Unterstützung des damaligen Kommandators der Hannoverschen Genossenschaft, Dr. Joachim von Einem, seinem Nachfolger Freiherr Dr. Wolfram von Fritsch und dem Werksmeister Eberhard v. Seydlitz haben ihr immer wieder Mut gemacht. Und Gott scheint die Mutigen zu belohnen. Bei einem zufälligen Gespräch mit Lisa Onnen von Kubus Immobilien in einem Café in Oldenburg im Dezember 2024 tat sich plötzlich eine Option auf, „die besser nicht hätte passen können“, sagte Anja Maud Siegert. In der Dammbleiche war ein Pflegeheim frei geworden. „Hätten wir uns ein Frauenhaus malen sollen, wir hätten kein anderes gemalt.“
DNA der Johanniter: Hilfe und Zuwendung auf Augenhöhe
Einen scheinbaren Widerspruch löste der Regierende Kommandator der Hannoverschen Genossenschaft des Johanniterordens, Freiherr Dr. Wolfram von Fritsch, auf. Seine 14-jährige Tochter habe ich gefragt, wo er denn heute hinfahre. Auf die Antwort, dass der Orden ein Frauen- und Kinderschutzhaus einweihe, habe die Jugendliche gefragt, was er dort wolle. Männer seien doch das Problem. Eine Sichtweise, die er durchaus nachvollziehen könne, auch wenn er sich hier umschaue. Viele Frauen darunter, die im beruflichen Alltag zu tun haben mit männlicher Gewalt und patriarchalischer Struktur. „Und dann: ein Männerorden, mehr als 900 Jahre alt“, sagte Freiherr von Fritsch. Doch genau das zeichne die Johanniter aus: sich selber zurückzunehmen, wo sie Leid sehen, um Hilfe bieten zu können. Der schwarze Ordensmantel mit dem schlichten weißen Kreuz mache alle Mitglieder gleich. Das sei die DNA der Johanniter: Hilfe und Zuwendung, nicht herablassend, sondern auf Augenhöhe.
„Ich stehe heute an einem besonderen Ort“, sagte Oldenburgs Bürgermeisterin Nicole Piechotta in ihrem Grußwort. Die Lamberti-Kirche sei für viele Menschen in Oldenburg ein Ort des Innehaltens, der Hoffnung und der Kraft. „Hier die Einweihung des Frauen- und Kinderschutzhauses Hanna feiern zu dürfen, hat eine symbolische Bedeutung, denn es steht für Schutz, Würde, Neuanfang und dem gemeinsamen Willen, Gewalt gegen Frauen und Kinder in unserer Stadt nicht hinzunehmen.“ Gewalt gegen Frauen geschehe täglich und nicht am Rand der Gesellschaft. „Die Not der Betroffenen in Sachen Schutzräume ist groß.“ Sie freue sich, dass die Trägerschaft bei den Johannitern in verlässlichen Händen liege.
Hanna-Haus wird Ort des Trostes sein und, an dem nach und nach Vertrauen wachsen kann
Thomas Adomeit, Bischof der Ev.-Luth. Kirche in Oldenburg, nahm in seiner Predigt Bezug auf die acht Seligpreisungen der Bergpredigt, die von den acht Spitzen des Johanniterkreuzes symbolisiert werden. „Bevor auch nur ein einziges ‚Selig sind‘ gesprochen wird, steht dieser Satz: Jesus sieht die Menschen.“ Das, so Bischof Adomeit, sei zweideutig zu verstehen. Jesus sehe nicht nur die Menschen, sondern sehe auch in sie hinein, in zerbrochene Seelen, in Menschen, die trauerten, denen niemand gesagt habe, dass sie wichtig sind. Selig heiße nicht, dass alle wieder froh und glücklich sind, sondern, dass Gott sie sehe trotz Leid und Gewalt. „Gott spricht euch Würde und Zukunft zu, mitten in eine Welt, in der Gewalt und Unrecht sehr real sind.“ Gott vergesse niemanden, erst recht nicht jene, die schwach sind und in Not. In das Frauenhaus kämen Frauen aus Situationen, in denen Vertrauen zerstört, Nähe missbraucht und das eigenes Zuhause zur Gefahr geworden sei. „Ihr, die verletzt wurde, seid nicht die, die sich schämen müssen. Nein, nicht ihr habt versagt, sondern andere haben euch Gewalt angetan. Gott stellt sich euch an die Seite und will euch nicht trösten mit Worten, sondern mit Schutz und Menschen, die an euch glauben.“ Das Hanna-Haus werde ein Ort des Trostes sein und an dem nach und nach Vertrauen wachsen und an die Zukunft gedacht werden kann.
Bischof Adomeit segnete anschließend alle Mitarbeiterinnen des Hanna-Hauses sowie die Mitglieder des Kuratoriums Jörg Siegert, Daniel Jircik, Dr. Hansjörg Augenstein, Dagmar Sachse, Pfarrerin Petra Adomeit und Anja Siegert sowie die Geschäftsführenden Dr. Anna Simon und Ulf Mindermann.
Das Hanna-Haus hat am 1. November dieses Jahres seinen Betrieb aufgenommen und bereits die ersten schutzsuchenden Frauen, teilweise mit Kindern, aufgenommen. Es bietet in den ehemaligen Räumen eines Pflegeheims an der Dammbleiche in Oldenburg Platz für 14 Frauen mit Kindern. Die Räume sind so aufgeteilt, dass sie bei Bedarf, zum Beispiel bei der Aufnahme größerer Familien, zu größeren Einheiten zusammengelegt werden können. Die Einrichtung ist barrierearm und rollstuhlgerecht. Das Konzept des offenen Hauses mit bekannter Adresse orientiert sich an dem niederländischen „oranje huis“. Ziel ist, die Hemmschwelle betroffener Frauen zum Aufsuchen des Hauses zu senken. Zudem kann die Verbindung zum privaten Umfeld aufrecht erhalten werden und ein Schulwechsel der Kinder wird verhindert. Die Erfahrungen aus den Niederlanden zeigen, dass das Haus trotz bekannter Adresse nicht Ziel von Angriffen oder Attacken wird. Dennoch wird der Schutz der Bewohnerinnen sehr groß geschrieben und ein Eintritt in das Haus kann ausschließlich über Sicherheitsschleusen und durch Transponder gesicherte Türen erfolgen.



