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Bremen (epd). Der Bremer Parteienforscher Lothar Probst hält es für notwendig, dass die demokratischen Parteien sich einer zunehmenden Verrohung der Sprache in der Flüchtlingsdebatte entgegenstellen. Es reiche nicht aus, das Phänomen nur zu beklagen, sagte Probst am Freitag im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd) mit Blick auf eine entsprechende Äußerung von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU).

Völlig falsch sei es, sich der Diskussion mit denen zu entziehen, die das politische Klima in Deutschland zu vergiften drohten, betonte der Politikwissenschaftler. Er nahm damit Bezug auf die Absage der rheinland-pfälzischen Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD), im Fernsehen gemeinsam mit der AfD an der sogenannten "Elefantenrunde" vor den Wahlen in ihrem Bundesland teilzunehmen.

"Man muss die verbalen Brandstifter stellen, anstatt sich zu verstecken und in Deckung zu gehen", forderte Probst, Professor am Institut für Interkulturelle und Internationale Studien der Universität Bremen. Äußerungen aus der "Pegida"-Bewegung, der AfD und den sozialen Netzwerken könnten schließlich dazu beitragen, dass ein Klima entstehe, in dem manche sich legitimiert fühlten, Gewalt anzuwenden.

Gerade die sozialen Medien böten jedem die Möglichkeit, anonym hasserfüllte Kommentare ins Netz zu stellen, ohne Konsequenzen fürchten zu müssen. Wenn dann noch die AfD in das gleiche Horn blase, entstehe eine explosive Stimmung, unterstrich Probst.

Die Diskussionen würden aber auch deshalb so erbittert geführt, weil es um die Identität der deutschen Gesellschaft gehe. Für Verteilungskonflikte gebe es Kompromisse, für Identitätskonflikte meistens nicht, erläuterte Probst: "In der jetzigen Diskussion geht es um die Frage: Was ist deutsch? Wieviel Zuwanderer wollen wir in unser Land lassen? Da prallen die Vorstellung viel härter aufeinander als bei Verteilungskonflikten."

Die AfD vertrete in dieser polarisierten, aufgeheizten Atmosphäre die Meinung derer, die sich an Deutschland als Nationalstaat klammerten und die Veränderungen in Europa nicht zur Kenntnis nehmen wollten. Gerade deshalb sei aber die argumentative Auseinandersetzung mit der AfD wichtig: "Das ist harte Überzeugungsarbeit, aber sie muss geleistet werden," sagte der Wissenschaftler.

Die etablierten Parteien seien dem zu lange aus dem Weg gegangen. Sie hätten unterschätzt, "welche Wucht die Debatte um die Flüchtlingszuwanderung hat und wie stark die Gegenkräfte in der Gesellschaft sind".