Hannover (epd). Niedersachsen steuert trotz Kritik weiter auf Verträge mit den muslimischen Verbänden im Land zu. Die Fraktionen der Regierungsparteien von SPD und Grünen im Landtag wollen die Gespräche auch nach dem Ausstieg der oppositionellen CDU weiterführen. "Wir werden auch weiterhin dafür werben, dass die CDU wieder an den Gesprächen teilnimmt, denn wir wollen eine breite Mehrheit für diese Verträge", sagte die Vorsitzende der SPD-Fraktion, Johanne Modder, nach den Beratungen am Dienstag. Auch die FDP-Fraktion signalisierte, sie wolle grundsätzlich daran festhalten, die Verträge zu schließen.
Die CDU-Fraktion hatte bereits in der vergangenen Woche beschlossen, während der laufenden Legislaturperiode keine weiteren Verhandlungen aufzunehmen. Insbesondere der Verband Ditib hat nach Auffassung der CDU nicht die nötige Staatsferne zur Türkei. Vorbehalte hat die Fraktion auch gegen den Verband Schura. Lediglich mit dem dritten Verhandlungspartner, den Alevitischen Gemeinden, würde die CDU weiterverhandeln, bekräftige der Fraktionsvorsitzende Björn Thümler am Dienstag erneut.
Modder sagte dagegen: "Wir verhandeln bekanntlich nicht mit dem türkischen Staat, sondern mit den Vertretern der hier schon lange lebenden Muslime." Die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Anja Piel, bekräftigte: "Mit den Verträgen kann die Unabhängigkeit der Verbände in Niedersachsen weiter gefestigt werden. Der Putsch in der Türkei hat an der Situation der Verbände nichts verändert und genau deshalb halten wir am verabredeten Fahrplan auch fest."
Der stellvertretende Vorsitzende der FDP-Fraktion, Stefan Birkner, sagte: "Wir halten den jetzigen Stand der Verträge für geeignet, weiter auf den Abschluss hinzuarbeiten." Die FDP sehe angesichts der engen Verknüpfungen einiger Verbände mit der türkischen Regierung allerdings den Bedarf, die weiteren Entwicklungen abzuwarten.
Der Vertrag soll nach dem Willen der rot-grünen Landesregierung mit einer möglichst breiten Zustimmung im Parlament beschlossen werden. Kultusministerin Frauke Heiligenstadt (SPD) hatte nach dem Ausstieg der CDU bekräftigt, die Landesregierung wolle an den Verhandlungen festhalten. Auch Vertreter von Ditib und Schura hatten für die Fortsetzung der Gespräche geworben, ebenso wie die evangelischen Kirchen in Niedersachsen.
Der geplante Rahmenvertrag mit den Muslimen enthält etwa Regelungen zum islamischen Religionsunterricht, zur Seelsorge in Krankenhäusern und Gefängnissen sowie zum Moscheebau und Bestattungswesen. Die Landesregierung verhandelt seit Jahren mit den Verbänden Ditib und Schura und den Alevitischen Gemeinden über den Vertrag.