Hannover (epd). Der politische Streit um ein angemessenes Gedenken an den früheren niedersächsischen Ministerpräsidenten Hinrich Wilhelm Kopf (1893-1961) geht auch nach der Umbenennung des Platzes vor dem Landtag weiter. So soll das Ehrengrab des SPD-Politikers auf dem Friedhof in Hannover-Stöcken nach dem Willen von Landtagspräsident Bernd Busemann (CDU) erhalten bleiben.
In einem am Freitag bekanntgewordenen Schreiben an Oberbürgermeister Stefan Schostok (SPD) wandte sich Busemann gegen einen anderslautenden Beschluss des städtischen Kulturausschusses zu einer neuen Ehrengräbersatzung. Diesem Papier zufolge ist Kopf der «Ehre unwürdig», dass die Landeshauptstadt an ihn weiterhin mit einem Ehrengrab erinnert.
Eine Göttinger Politologin hatte vor zwei Jahren enthüllt, dass Kopf während der NS-Zeit mit dem Regime zusammengearbeitet hatte. Deshalb wurde der nach ihm benannte Platz am Landtag in Hannah-Arendt-Platz umbenannt.
Busemann macht in seinem Brief dagegen geltend, Kopf sei der «eigentliche Gründervater des Landes Niedersachsen» gewesen. Seine integrative Leistung in der Nachkriegszeit habe die wichtigsten Grundlagen für den Erfolg der Landesgründung durch die britische Militärregierung gelegt. «Diese Leistung verdient es in meinen Augen, auch weiterhin gewürdigt zu werden», argumentiert der Landtagspräsident. Hingegen könne eine Aberkennung des Ehrengrabs als «posthume Herabwürdigung» aufgefasst werden.
Nach Ansicht Busemanns ist zudem die Bewertung der beruflichen Tätigkeit Kopfs während der Zeit des Nationalsozialismus umstritten. Die wissenschaftliche Diskussion dazu habe kein eindeutiges Ergebnis erbracht und werde weiterhin kontrovers geführt. «Deshalb ist hier ein endgültiges moralisches Urteil für meine Begriffe nicht angebracht.»
Demgegenüber war eine Expertenkommission im vergangenen Jahr zu der Auffassung gelangt, dass Kopf wegen seiner Verstrickungen in das NS-Regime kein Vorbild mehr sein könne. Er habe zwischen 1939 und 1945 durch seine unternehmerische Tätigkeit in Polen aktiv das nationalsozialistische Besatzungsregime unterstützt. Außerdem soll sich Kopf an polnischem und jüdischem Vermögen bereichert haben.
Die Kommission hatte deshalb empfohlen, den Platz am Landtag umzubenennen. Kopfs Ehrengrab sollte der Kommission zufolge unverändert bleiben, aber durch eine Info-Tafel ergänzt werden.
Falls der Stadtrat in Hannover dem Beschluss des Kulturausschusses folgt und das Ehrengrab aufhebt, will Landtagspräsident Busemann eine Patenschaft für Kopfs Grabmal übernehmen. Als Teil einer solchen Patenschaft werde er «gerne dafür sorgen lassen, dass Hinrich Wilhelm Kopfs Grabmal weiterhin angemessen gepflegt und mit Blumen geschmückt wird».