Agrarminister Meyer besorgt über zunehmendes Höfesterben
Hannover (epd). Vor dem Erntedankfest am Sonntag haben Vertreter der Landwirtschaft und der evangelischen Kirchen in Niedersachsen mehr Rückhalt für die Bauern gefordert. Agrarminister Christian Meyer (Grüne) zeigte sich am Donnerstag besorgt darüber, dass sich das Höfesterben beschleunige. «Viele Bauern können bei den derzeitigen Preisen von ihrem Ertrag nicht leben», sagte er dem epd. Stattdessen entstünden große Agrarstrukturen, die in der Bevölkerung auf Vorbehalte stießen. Der Präsident des niedersächsischen Landesbauernverbandes, Werner Hilse, wünschte sich zum Erntedank auch von Pastorinnen und Pastoren mehr Zuspruch für die Bauern.
Meyer empfahl den Verbrauchern, möglichst regionale Produkte zu kaufen: «Damit das Geld bei den Landwirten auch ankommt.» Die Konsumenten könnten sich etwa auf Wochenmärkten für eine gute Kartoffel oder ein gutes Stück Fleisch bei den Landwirten bedanken. «Und dann diese Wertschätzung in klingender Münze auszahlen.»
Die hannoversche Landwirtschaftspastorin Ricarda Rabe sagte dem epd, zunehmend müssten Betriebe die Haltung von Milchvieh einstellen oder gar ganz schließen. «Damit werden oft Jahrhunderte lange Traditionen aufgegeben.» Die finanzielle Misere mancher Höfe könne auch den Zusammenhalt in den Familien beeinflussen, erläuterte die evangelische Pastorin: «Wenn der Altbauer den Hof übergeben hat, und der junge macht den Laden zu, ist die Lebensleistung von zwei Generationen infrage gestellt.»
Weil die Höfe immer größer geworden seien, um wirtschaftlich zu überleben, habe sich auch das Miteinander in den Dörfern verändert. Angesichts von Berichten über Überdüngung oder schlechte Tierhaltung schwinde zudem das Vertrauen in den Berufsstand - oft zu unrecht, sagte Rabe. Zugleich kauften die meisten Verbraucher weiter Milch und Fleisch dort, wo es billig sei.
Landvolkpräsident Hilse beklagte in der Zeitschrift «Land & Forst», an die Landwirte werde derzeit eine Vielzahl von Erwartungen und Forderungen herangetragen. Es werde mehr Tierwohl und noch mehr Rücksicht auf Natur und Umwelt verlangt. «Manches davon mag berechtigt sein», sagte Hilse. Doch müsse all dies auch leistbar sein. Die Bäuerinnen und Bauern dürften nicht aus dem Blick geraten. Wir fühlen uns gekränkt, wenn man uns, oft aus Unverstand, Vorhaltungen macht und diffamiert.»
Auch einzelne Kirchenvertreter nähmen einseitige Positionen in Bezug auf die Landwirtschaft ein, sagte Hilse. «Bäuerinnen und Bauern, die sich zurzeit öffentlicher Kritik ausgesetzt sehen, erwarten jedoch gerade an einem Tag wie Erntedank von ihren Pastorinnen und Pastoren Zuspruch und Anerkennung.» Es gebe jedoch auch viele Beispiele guter Zusammenarbeit zwischen Landwirtschaft und Kirchen, etwa bei der Gestaltung der Erntedankgottesdienste.
Internet: www.ml.niedersachsen.de und www.landundforst.de
Kirche auf dem Land: http://u.epd.de/3lj
Agrarminister Meyer zu Landeserntedankfest erwartet
Leer/Hinte (epd). Die fünf evangelischen Kirchen sowie die Land- und Ernährungswirtschaft in Niedersachsen feiern am 2. Oktober in Hinte bei Aurich einen gemeinsamen Gottesdienst zum Erntedankfest. Dazu werden unter anderem Niedersachsens Agrarminister Christian Meyer (Grüne) und der evangelisch-reformierte Kirchenpräsidenten Martin Heimbucher erwartet, wie die gastgebende Evangelisch-reformierte Kirche in Leer mitteilte. Die Feier unter dem Motto «Gott loben für das gute Land!» beginnt um 15 Uhr.
Beiträge zahlreicher Organisationen, Verbände und Unternehmen sollten das Landeserntedankfest zu einem besonderen Ereignis machen, hieß es. Die Initiatoren wollten zeigen, dass die Land- und Ernährungswirtschaft die gesellschaftliche Verantwortung für den ländlichen Raum, für gesunde Lebensmittel und eine intakte Natur übernehme. Ab 17 Uhr moderiert Kirchenpräsident Heimbucher eine Gesprächsrunde mit Agrarminister Meyer und anderen Teilnehmern zum Thema «Zukunft der bäuerlichen Landwirtschaft».
Info
Das Landeserntedankfest Niedersachsen am 2. Oktober in der evangelisch-reformierten Kirche in Hinte beginnt um 15 Uhr
Internet: www.reformiert.de, www.mg-niedersachsen.de und www.landeserntedankfest-niedersachsen.de
Erntedankfest
Hannover (epd). Mit dem Erntedankfest erinnern evangelische und katholische Christen an den engen Zusammenhang von Mensch und Natur. Gott für die Ernte zu danken, gehörte zu allen Zeiten zu den religiösen Grundbedürfnissen. Traditionell werden in den Kirchengemeinden die Altäre mit Feldfrüchten festlich geschmückt.
Termin für Erntedank ist in der Regel der erste Sonntag im Oktober. Das Fest soll deutlich machen, dass der Mensch die Schöpfung Gottes nicht unter Kontrolle hat. Denn der Mensch ist der Bibel zufolge selbst Teil der Schöpfung. Heute spielen die Themen Tier- und Umweltschutz, Gentechnik und Verschwendung von Lebensmitteln eine wichtige Rolle.
Mit der Bitte des Vaterunsers «Unser tägliches Brot gib uns heute» wird zugleich an die katastrophale Ernährungssituation in den ärmsten Ländern der Erde erinnert. Im christlichen Verständnis gehören das Danken und Teilen zusammen. Erntedank-Gottesdienste sind daher oft mit Solidaritätsaktionen zugunsten notleidender Menschen verbunden.