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Hannover/Wiefelstede (epd). Die Grüne Landtagsabgeordnete Filiz Polat hat den niedersächsischen Ministerpräsidenten Christian Wulff (CDU) aufgefordert, die für diesen Donnerstag geplante Abschiebung einer schwangeren Kurdin aus Wiefelstede bei Oldenburg nach Syrien zu verhindern. In einem am Mittwoch veröffentlichten Brief, der auch an die Familienministerin Mechthild Ross-Luttmann (CDU) adressiert ist, appelliert Polat an die Politiker, die Familie yezidischen Glaubens nicht auseinanderzureißen.

   Das Paar sei nach dem yezidischen Glauben verheiratet, wurde allerdings nicht standesamtlich getraut. Der Mann habe eine Aufenthaltserlaubnis auf Probe, schreibt Polat. Yeziden gehören einer vorchristlichen Religion mit jüdischen Wurzeln an, die im Laufe der Jahrtausende um christliche und muslimische Elemente erweitert wurde.
In Syrien gelten nach Ansicht der Gesellschaft für bedrohte Völker als «unrein und vogelfrei».

   Ein erster Abschiebeversuch der im vierten Monat schwangeren Abta Houran sei im Juli gescheitert, weil die 25-Jährige auf dem Weg zum Frankfurter Flughafen einen Zusammenbruch erlitten habe, sagte Polat.
Das Agenda 21-Büro in Wiefelstede betreue zusammen mit der evangelischen Kirchengemeinde die Familie. Sie lebe bereits seit Jahren in der Gemeinde und sei gut integriert. Das zeige auch die große Solidarität in der Bevölkerung, als nach bekanntwerden ihrer Verhaftung rund 300 Bürger zu einem Protest im benachbarten Westerstede zusammen kamen.

   Auch der niedersächsische Flüchtlingsrat forderte die sofortige Freilassung von Houran und anderer, zum Teil traumatisierter Kurden, aus der Abschiebehaft. Spätestens mit der Geburt des Kindes hätte Houran einen Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis.

   Der Sprecher des Innenministeriums, Klaus Engemann, sagte dem epd auf Nachfrage, dass die Schwangerschaft für die Abschiebung keine Rolle spiele. Abta Houran könne in etwa drei Jahren im Rahmen des Familiennachzugs regulär zu ihrem Mann nach Deutschland einreisen, wenn die Wiedereinreisesperre ablaufe und sie die Abschiebekosten erstatte. Ihr Asylantrag sei bereits 2001 als unbegründet abgelehnt worden. Das Oldenburger Verwaltungsgericht habe dies im März 2002 bestätigt. Berichten der Deutschen Botschaft und der Vereinten Nationen zufolge, drohe Yeziden in Syrien keine Gefahr.

   Seit Januar gibt es ein Rückführungsabkommen zwischen Deutschland und Syrien. Der Vorsitzende des Zentralrats der Yeziden in Deutschland, Telim Tolan, sagte, derzeit drohe rund 7.000 der 28.000 in Deutschland lebenden Yeziden die Abschiebung nach Syrien. Bislang sei auf Abschiebungen verzichtet worden, weil Syrien als Folterstaat eingestuft war. Tolan zufolge werden alle abgeschobenen Yeziden in Syrien gefoltert, um Namen weiterer Flüchtlinge zu erpressen.