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Seit mehr als 60 Jahren locken die Feriencamps im bayrischen Wildflecken jährlich mehrere Hundert Kinder und Jugendliche an. Viele von ihnen kommen später als Teamerinnen und Teamer wieder.

Konfirmandencamp, Jugend- oder Kindercamp, seit mehr als sechs Jahrzehnten fahren Sommer für Sommer junge Menschen aus Wilhelmshaven in der Ferienzeit in das rund 500 Kilometer entfernte Wildflecken in der bayrischen Rhön. Erstmals sind in diesem Jahr Kinder und Jugendliche aus dem gesamten Stadtgebiet dabei. Und auch sonst macht die Auszeit am Fuße des Kreuzberges in diesem Sommer besonders zufrieden. Das liegt nicht zuletzt am Motto der diesjährigen Sommercamps, „ZuFrieden“. Von einem kleine Team Ehrenamtlicher bereits Anfang des Jahres erarbeitet, stößt das Thema in diesem Jahr auf besonders große Zustimmung: „Auch Kinder und Jugendliche sind besorgt um den Frieden in der Welt und machen sich Gedanken. Zugleich sind sie auf der Suche nach dem, was sie innerlich zufrieden macht“, erklärte Meike von Fintel, Pastorin der Wilhelmshavener Havenkirche und seit vielen Jahren als Teamerin dabei. 

Seit den 1960er Jahren finden die Camps im Hüttendorf des CVJM Wilhelmshaven unter einfachen Bedingungen statt. Kinder und Jugendliche genießen das Leben in der Natur und schätzen die Gemeinschaft. Dazu tragen das gemeinsame Singen, die Gottesdienste und die persönlich gestalteten Tagesabschlüsse wesentlich bei. Und natürlich das Zusammenleben in einer Hütte in einer festen Gemeinschaft auf Zeit. Den Auftakt machten zu Beginn der Sommerferien das große Konfi- und Jugendcamp. Erstmals fuhren Konfirmandinnen und Konfirmanden aus allen evangelischen Kirchengemeinden Wilhelmshavens ins CVJM Feriendorf. Fast 200 junge Menschen erlebten hier eine abwechslungsreiche Zeit mit Thementagen, Wanderungen und Spielaktionen. Im Jugendcamp standen außerdem Ausflüge nach Fulda und zur Sommerrodelbahn auf dem Plan.

In der zweiten Woche war das Kindercamp mit 99 Kindern im Alter von 9-12 Jahren restlos ausgebucht. An den sonnigen Tagen verbrachten die Kinder Zeit im Pool, spielten Geländespiele auf dem großen Platz und unternahmen eine Wanderung über den Arnsberg mit Mitmach-Stationen zur Rettung von „Papa Schlumpf“. In beiden Camps wurde auf dem Kreuzberg auf 928 Metern Höhe Taufe gefeiert. Drei Kinder und drei Konfirmanden wurden in diesem Jahr getauft und in die Gemeinschaft der christlichen Kirche aufgenommen. 

Möglich werden die Sommercamps in Wildflecken erst durch das Engagement eines großen Teams Ehrenamtlicher. Insgesamt übernahmen in diesem Jahr 95 Jugendliche und Erwachsene die verschiedensten Aufgaben. Dazu zählte die pädagogische Begleitung der Hüttengruppen ebenso wie zahlreiche organisatorische Aufgaben von der Küche bis zur Technik. Das Besondere: Viele der aktuellen Teamer waren vorher selbst als Kinder und Jugendliche in Wildflecken dabei - oft sogar mehrfach. Als ehrenamtliche Erwachsene nehmen sie nun oft einen Teil ihres Jahresurlaubs, um in Wildflecken dabei zu sein.

Parallel zu den beiden Camps bietet der Kreisjugenddienst Friesland-Wilhelmshaven Schulungen für die Jugendleitercard an. Die Qualifikation ist landesweit anerkannt und Voraussetzung dafür, später eigenständig Aufgaben in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen zu übernehmen: „In einer Mischung aus Theorie und Praxis werden die zukünftigen Teamerinnen und Teamer für die Kinder- und Jugendarbeit im Kirchenkreis und in den Sommercamps ausgebildet“, erklärt Diakonin Kathrin Jaeger das duale Konzept. 

Für die Teams der Camps ist dieser Wildfleckensommer aber noch aus einem anderen Grund sehr emotional: Erstmals seit über 20 Jahren findet ein Sommercamp in der Rhön ohne Pastor Bernhard Busemann statt. Er hat durch seine Fröhlichkeit, seinen Humor, seine Klarheit, sein großes Herz und seinen unermüdlichen Einsatz die Wildfleckencamps über 20 Jahre mitgeprägt. Im vergangenen Herbst ist er dann plötzlich gestorben. „Bernhard - Hij leeft in mij“, seit diesem Sommer steht jetzt eine Wilhelmshaven-Bank mit dieser Inschrift in Wildflecken und erinnert an ihn.

Auch wenn Kinder, Jugendliche und Erwachsene inzwischen mit vielen Erinnerungen und „ZuFrieden“-Momenten wieder zu Hause sind, das Mottolied, das in beiden Camps immer wieder gesungen und getanzt wurde, klingt in vielen Herzen nach und drückt die Sehnsucht aller aus: „Hewenu schalom - Wir wünschen Frieden aller Welt“.

Hintergrund
Seit über 60 Jahren fahren Wilhelmshavener Kinder und Jugendliche in den Sommerferien nach Wildflecken. Zunächst viele Jahre unter Federführung des Christlichen Vereins junger Menschen (CVJM), übernahm 2006 die Kirchengemeinde Heppens die Organisation und fuhr unter anderem mit den Konfirmanden in das dortige Hüttendorf. Später schlossen sich dem Konzept die Christus- und Garnisonkirche sowie die Lutherkirche an, die inzwischen gemeinsam die Gemeinde Havenkirche bilden. Dann kam auch die Gemeinde Neuende dazu. In diesem Jahr machen erstmals alle Wilhelmshavener Kirchengemeinden „gemeinsame Sache“.

Wenngleich der Aufenthalt in Wildflecken nicht zuletzt durch die weite Anreise mit erheblichen Kosten verbunden ist, wird niemand ausgegrenzt, weil er oder sie beziehungsweise die Eltern sich die Zeit in Wildflecken nicht leisten können. Die ökumenische Aktion „Ferienerlebnisse ermöglichen“ unterstützt finanzschwache Familien hier ebenso diskret wie tatkräftig. Damit wird auch in dieser Hinsicht ein wichtiger Teil des Wildflecken-Konzepts sichtbar: Geld und Status spielen keine Rolle.

Ein Jugendlicher wird von einem Pastor im Freien getauft, während andere Jugendliche zusehen.
Taufe im Konficamp mit Pastor Stefan Stalling
Auf einem bunten Tuch stehen Kerzen mit einer Friedenstaube auf einem Bettlaken darüber
Abendgottesdienst im Kindercamp
Kinder und Jugendliche sind draußen zu einem Abendgottesdienst versammelt
Abendgottesdienst im Kindercamp