Der Duft von Gebäck hängt in der Luft, Stimmen füllen das Haus, Lachen mischt sich mit Musik. Weihnachten, vertraut wie jedes Jahr. Und doch ist es anders: ein Platz bleibt leer. Ein geliebtes Lächeln ist nur noch Erinnerung, die Tasse im Schrank wird nicht mehr gebraucht. Das Licht der Kerzen scheint heller als sonst, vielleicht, weil das Herz gerade so dunkel ist.
Weihnachten verbinden wir mit Freude. „Fröhliche Weihnachten!“ wünschen wir einander, doch für viele ist das nicht selbstverständlich. Trauer kennt keine Feiertage. Sie kommt, wann sie will, und manchmal gerade dann, wenn andere feiern. Vielleicht ist sie an Weihnachten besonders laut, weil uns gerade dann deutlich wird, was fehlt.
Die Bibel erzählt zu Weihnachten, dass mitten in der Dunkelheit ein Licht aufleuchtet: „Das Volk, das im Finstern wandelt, sieht ein großes Licht.“ Gott kommt nicht in eine perfekte und heile Welt, er wird mitten unter uns zum Menschen. Er kennt Trauer, Verlust, Angst und bleibt da, auch wenn wir ihn nicht immer spüren.
Wenn jemand fehlt, können kleine Rituale helfen, dem Schmerz einen Platz zu geben. Eine Kerze anzünden für den, der nicht mehr da ist. Den Namen nennen. Eine Geschichte erzählen. Lachen und weinen dürfen. Ein Gebet sprechen, leise oder laut: „Gott, halte sie in deiner Hand.“ Es ist in Ordnung, wenn dieses Weihnachten anders ist. Wenn man nicht singen mag oder lieber alleine spazieren geht. Trauer hat viele Gesichter. Wer jemanden kennt, der an Weihnachten trauert, steht oft unsicher daneben. Was soll man sagen? Manchmal ist das wichtigste: einfach da sein. Viele Worte braucht es gar nicht, ein ehrliches „Ich bin da“ kann mehr sagen als jeder gut gemeinte Satz. Oder eine kleine Karte „Ich denke an dich“, manchmal reicht das.
Weil Trauer an Weihnachten ihren Platz haben darf, öffnen wir an Heiligabend einen Raum für alle, die in diesen Tagen jemanden vermissen.
In dieser besonderen Andacht ist Zeit für Stille und Erinnerung. Wir hören die altvertrauten Worte der Weihnachtsgeschichte, beten miteinander, lauschen besonderer Musik. Wer möchte, kann eine Kerze anzünden und sie anschließend mit ans Grab nehmen, als Zeichen der Liebe, die immer bleibt.
Weihnachten kann anders sein, weniger laut und weniger festlich, aber nicht weniger wertvoll. Es ist eine Zeit, in der Nähe und Trost spürbar werden, in der wir uns verbunden wissen mit denen, die wir vermissen und mit dem Licht, das selbst in dunklen Tagen nicht verlöscht.
Svenja Lange