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Kirchliche Arbeit mit Kindern

Die kirchliche Arbeit mit Kindern war das Schwerpunktthema der Frühjahrssynode der Oldenburger Kirche. Bereits im Vorfeld der Synodentagung betonte Bischof Jan Janssen gegenüber Journalisten: „Die Arbeit mit Kindern ist die Beste, die wir zu bieten haben. Es gibt eine großartige Arbeit der Mitarbeitenden in den Kindergärten, viele Ehrenamtliche in den Gemeinden, die vielfältig und ideenreich im Kindergottesdienst sowie in Kinder- und Jugendgruppen wirken.“ Dies verdiene auch eine stärkere gesellschaftliche Würdigung, bilanzierte Bischof Janssen.

 

Laut Bischof Janssen soll das Jahresthema die Kirche wieder zur inhaltlichen Arbeit zurückführen. „Die Arbeit mit Kindern ist die Arbeit für die nächste Generation. Dabei vermitteln wir grundlegende Fähigkeiten im täglichen Tun. Ob es der Umgang mit Gewalt oder die Integration ist, da müssen wir wach sein, denn sonst vergeben wir uns etwas“, so der Oldenburger Bischof.

 

 

Jugendamtsleiter fordert gesellschaftlichen Vorrang für Kinder

In seinem Hauptreferat hat der Leiter des Wilhelmshavener Jugendamtes, Carsten Feist, einen gesellschaftlichen Vorrang für Kinder gefordert. Alle gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Interessen müssten den Bedürfnissen der Kinder untergeordnet werdenk, so Feist vor den Synodalen. Die Betreuung der Kinder müsse auch in den Betrieben kompromisslos an erster Stelle stehen.

Feist warnte vor „völlig überforderten Kindern in einer kinderentwöhnten Gesellschaft". Es drohe ein Generationenkonflikt, in dem Kinder ohne leistungsfähige Lobby auf gut organisierte Interessenvertretungen Erwachsener träfen. Vor allem durch die Veränderungen der Arbeitszeiten hätten Familien immer weniger gemeinsame Freizeit. In der Folge würden ohne bösen Willen der Eltern die kindlichen Bedürfnisse nach Kommunikation, Zuwendung und Hilfestellung missachtet.

Besonders schwer haben es laut Feist Kinder alleinerziehender Eltern. Er erlebe im Jugendamt im zunehmenden Maße Kinder, die als Partnerersatz fungierten und als gleichberechtigte Gesprächspartner herhalten müssten: "Dies belastet ihre psychische Entwicklung und überfordert sie vollständig."

Feist forderte eine Erhöhung des Kindergeldes von derzeit 164 auf 460 Euro. Dieser Wert sei vom statistischen Bundesamt für eine "defizitfreie Betreuung eines Kindes" ermittelt worden. Zudem plädierte der Jugendamtsleiter für eine kostenfreie Bildung von der Krippe bis zum Studium für alle Kinder. (nach epd)

 
Markt der Wirklichkeiten
Im Rahmen der Synodentagung wurde am Donnerstag die Vielfalt der kirchlichen Arbeitsfelder mit Kindern ausführlich vorgestellt. Neben einem „Markt der Wirklichkeiten“, in dem sich die verschiedenen kirchlichen Gruppen präsentierten, präsentierten sieben Arbeitsgruppen Aspekte wie die kirchliche Krippenarbeit, Kindergottesdienst, aber auch Kinderarmut oder die Arbeit mit trauernden Kindern.

 
Wichtige bildungs- und gesellschaftspolitische Aufgabe
Der Vorsitzende des Ausschusses für Jugend und Bildung, kirchliche Werke, Einrichtungen und Öffentlichkeitsarbeit, Rüdiger Schaarschmidt, betonte in einer kurzen Einführung: „Kirchengemeinden, Kindertagesstätten, Familien-Bildungsstätten, Diakonie und andere kirchliche Initiativen nehmen als evangelische Träger für und mit Kindern eine wichtige bildungs- und gesellschaftspolitische Aufgabe wahr. Sie begleiten und fördern Kinder umfassend in ihrer Entwicklung im Geist des Evangeliums, sie stärken Familien in ihrer Erziehungsaufgabe und leisten als verlässliche Partner der Kommunen einen wichtigen gesellschaftspolitischen und sozialpolitischen Beitrag zur Orientierung an ethischen Maßstäben.“

 Allein im Bereich der Oldenburgischen Kirche leisten mehrere Tausend Mitarbeitende in rund 150 Diensten, Werken und Einrichtungen für rund 20.000 Kinder und deren Familien einen wichtigen und wertvollen Dienst. Mit ihrer hohen fachlichen Kompetenz haben sie dabei mitgeholfen, das Thema Prävention als eines der zentralen Kinder- und Jugendpolitischen Themen in Gesellschaft und Kirche zu etablieren.

 Laut Pfarrerin Hilke Freels-Thibaut, Beauftragte für Qualitätsentwicklung und religions-pädagogische Fortbildungen in der Kindergartenarbeit der Oldenburger Kirche, besuchen beispielsweise 10.300 Kinder täglich eine der 110 kirchlichen Kindertagesstätten. Dort arbeiten rund 1.150 Mitarbeitende in einer von 468 Gruppen. Alle Kindergartengruppen sind gut ausgelastet. Bedarf gibt es zusätzlich in der Krippenbetreuung.

 
Wichtiger und wertvoller Dienst
Für Schaarschmidt leisten die rund 1.150 Mitarbeitenden „einen wichtigen und wertvollen Dienst. Mit ihrer hohen fachlichen Kompetenz haben sie dabei mitgeholfen, das Thema Prävention als eines der zentralen kinder- und jugendpolitischen Themen in Gesellschaft und Kirche zu etablieren.“

Laut einer EKD-Statistik zum Thema „Kinder und Jugendliche“ liegt der Anteil der Kinder und Jugendlichen unter 15 Jahren an den Kirchenmitgliedern EKD-weit bei 11,7 Prozent. Die Oldenburger Quote liegt laut Schaarschmidt bei 13.5 Prozent – „ein bundesweiter Spitzenwert, nur in der bayrischen Kirche liegt sie um einen Zehntel Prozentpunkt höher.“

 „Diese Quote verdanken wir ganz wesentlich einer flächendeckenden guten Kinder- und Jugendarbeit in unserer Kirche: Von den Krippen und Eltern-Kind-Gruppen über die Kindertagesstätten und die Kindergottesdienstarbeit bis zu erlebnisorientierten Projekten und Einzelinitiativen in Gemeinden, Diensten und Einrichtungen“, so das Resümee des Synodalen Schaarschmidt.

 

Ausgerichtet an den Bedürfnissen der Kinder und Familien
Für Ingrid Klebingat, Beauftragte für die Kindergartenarbeit, ist die Arbeit mit Kindern in den evangelischen Kindergärten immer ausgerichtet an den Bedürfnissen der Kinder und ihren Familien. „Evangelische Kindergärten ermöglichen es den Kindern, Gott und die Welt zu entdecken.“ Laut Klebingat stellt sich die Kindergartenarbeit der Oldenburger Kirche den neuen Herausforderungen, die im Besonderen geprägt sind durch: die Notwendigkeit der zunehmenden Beratung junger Familien, die Schaffung von Plätzen für die bis zu 3-Jährigen und damit verbunden, deren verantwortbare fürsorgliche Betreuung und die Einführung von Qualitätsmanagementverfahren in den Kindergärten der Oldenburger Kirche.

 
Arbeitsgruppe „Kirche mit Kindern“
Eva Brunken, Bildungsreferentin im Landesjugendpfarramt der Oldenburger Kirche, berichtete, dass anhand der Vorstellung der „Kinderkirche Wiefelstede“, die seit Ende der 1990er Jahren monatlich an einem Freitagnachmittag stattfindet, zum einen inhaltliche Traditionslinien (z.B. in der Liturgie) und zum anderen auch die vielfältigen Veränderungen (unterschiedliche Zeiten und Formen von Kindergottesdienst, Methoden mit stärkerem Beteiligungscharakter) im Kindergottesdienst sichtbar würden. Die Arbeitsgruppe „Kirche mit Kindern“ versuche mit den zwei Schwerpunkten „Kindergottesdienst“ und „Arbeit mit Kindern“ vor allem den Bedürfnissen von Kindern nach Religion, Bildung und Beteiligung angemessen und innovativ Raum zu geben.

 
Evangelische Familien-Bildungsstätten
Im Rahmen des Thementages haben auch die drei Evangelischen Familien-Bildungsstätten Oldenburg, Delmenhorst/Oldenburg-Land und Friesland-Wilhelmshaven ihre Arbeitsfelder kurz umrissen und am Beispiel des Projekts „wellcome“ einen Arbeitsbereich etwas genauer dargestellt.

Laut Hiltrud Boomgaarden, Leiterin der Evangelischen Familien-Bildungsstätte Oldenburg, erreichen die drei EFBs mit 1.500 Veranstaltungen im Jahr circa 25.000 Menschen. „Die EFBs werden von Babys mit ihren Eltern, Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen jeden Alters besucht. Die Angebote orientieren sich an den Lebenslagen der Menschen und knüpfen vor allem dort an, wo im Leben Veränderungen und Brüche sind“, so Boomgaarden.

Der größte Anteil seien Eltern mit ihren Kindern ab 6 Wochen. In den Kursen würden die Eltern unterstützt und gestärkt für die wichtigste Aufgabe in ihrem Leben: die Erziehung ihrer Kinder.

Viele Veranstaltungen finden in Kooperation mit den Kirchengemeinden statt. Die Gemeinden haben oft den Bezug zu den Menschen in der Nachbarschaft und kennen die Problemlagen des Wohnbezirks. Die Teilnehmenden finden in der Gemeinde ein wohnortnahes Angebot und knüpfen Netzwerke. Oft übernehme die EFB Themen, die eine Gemeinde alleine nicht bieten kann. So seien die EFBs ein wichtiges Puzzleteil der Arbeit im Kirchenkreis und verstehen sich als Ergänzung und Bereicherung der gemeindlichen Arbeit, betonte Boomgaarden.

 

Kinderarmut

Ulrich Schwalfenberg aus Zwischenahn berichtete, dass in den Diakonischen Werken der Kirchenkreise arme Kinder als Mitglieder armer Familien vorkommen. „Diese werden durch die Diakonischen Werke begleitet und beraten und haben die Möglichkeit, über die Diakonischen Werke Spenden und Stiftungsmittel zu beantragen. Dies geschieht immer erst nach einem Beratungsprozesse, der die gesamte Lebenssituation der Familie in den Blick nimmt“, so der Sozialarbeiter.

 Laut Schwalfenberg leben im Bereich der Oldenburger Kirche circa 27.000 Kinder unter 15 Jahren von Sozialgeld (Sozialhilfe), unterhalb der Armutsgrenze leben schätzungsweise 38.000 Kinder. Kirchengemeinden sollten daher das Thema „Kinderarmut“ sprachfähig machen und eine Empathie für diese Kinder und ihre Lebenslage entwickeln, forderte der Synodale.

 Um eine Ausgrenzung wegen Armut zu vermeiden und damit Kinder am gesellschaftlichen Leben teilhaben können, sollten Fördervereine und Fonds geschaffen werden. Weiterhin sollen sich laut Schwalfenberg Kirche und Diakonie eindeutig und vernehmbar zum Thema „Kinderarmut“ positionieren und Angebote machen, die die Lebenslage armer Menschen aufgreifen.

 
Religionsunterricht
70.000 Schülerinnen und Schüler nähmen wöchentlich im Gebiet der Oldenburger Kirche am Religionsunterricht teil, berichtete Henning Eden, Leiter der Arbeitsstelle für Religionspädagogik. Er sieht die evangelische Kirche in einer besonderen Verpflichtung, den Religionsunterricht zu sichern und die Religionspädagoginnen und -pädagogen mit Fortbildungsveranstaltungen zu unterstützen.

Seiner Meinung nach ist das ein wichtiger Beitrag mit großer Breitenwirkung. Gerade hier würde man dem religiösen Traditionsabbruch bei Kindern entgegenwirken. Dieser Prozess sei inzwischen so weit fortgeschritten, dass christlichen Kindern die eigene Religion fremd geworden sei. Der Religionsunterricht sei eines der wenigen Lernorte, wo Kinder wieder auskunftsfähig werden über ihre eigene Religion.

 
Inklusive Pädagogik
Dr. Reinhard Pirschel von der Evangelischen HVHS Rastede berichtete, dass „Inklusive Pädagogik“ die Aussonderung in Kinderkrippen, Kindergärten, Schulen und allen anderen Bildungseinrichtungen beende. Dies bedeute, dass alle das Recht auf Zusammenleben und Lernen und auf volle Teilhabe und Teilnahme hätten, unabhängig von Herkunft oder Zugehörigkeit zu Volksgruppen und Religionen, unabhängig von körperlichen, geistigen oder seelischen Schädigungen oder Hoch-Begabungen, Geschlecht oder Alter. Inklusive Pädagogik ziehe damit die Konsequenzen aus christlichen und humanistischen Grundannahmen des Mensch-Seins.